Mitverschulden des Patienten
Auf der 15. Herbsttagung der Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im Deutschen Anwaltverein diskutierte die Arbeitsgruppe Arzthaftungsrecht die Frage des Mitverschuldens des Patienten im Rahmen einer ärztlichen Behandlung (§ 254 BGB).
Wirkt der Patient trotz entsprechender Hinweise des Arztes bei der Behandlung nicht in der erforderlichen Form mit, lässt er also die von einem ordentlichen und verständigen Menschen zur Vermeidung eigenen Schadens zu erwartende Sorgfalt vermissen, ist ihm ein Mitverschulden anzulasten (vgl. BGH, Urteil vom 17.12.1996 – VI ZR 133/95). Die Mitwirkung bzw. die fehlende Mitwirkung des Patienten nennt man Compliance bzw. Non-Compliance. Verletzt der Patient die ihm obliegende Pflicht, kann im Falle eines nachgewiesenen Behandlungsfehlers der Schadenersatzanspruch gekürzt werden oder ganz wegfallen.
Die Mitwirkung des Patienten ist wichtig
Der Arzt ist häufig auf die Mitwirkung des Patienten angewiesen. So kann vom Patienten erwartet werden, dass er dem Arzt die für die Behandlung erforderlichen Informationen gibt. Kommt es wegen fehlender, falscher oder unvollständiger Informationen zum Gesundheitsschaden, entfällt die Haftung des Arztes. Vom Patienten wird auch erwartet, dass er den Therapie- und Kontrollanweisungen und/oder der Medikamentenverordnung des Arztes Folge leistet. Tut er dies nicht und erleidet er einen Schaden, haftet der Arzt hierfür nicht. Es sei denn, der Arzt selbst verletzt Informations- und Hinweispflichten, die dann zu dem Fehlverhalten des Patienten führen. Doch nicht nur bei einem möglichen Behandlungsfehler ist zu prüfen, ob ein Mitwirken des Patienten dazu beigetragen hat, auch bei der Schadensminderung oder -abwendung ist der aktive Patient gefordert. Der Patient kann sich nach einem Behandlungsfehler nicht auf den alleinigen Eintritt des Schadens durch den behandelnden Arzt berufen, wenn es ihm zumutbar war, diesen Schaden abzuwenden oder abzumildern. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass der Patient nicht jede Behandlung zur Schadensminderung oder -abwendung über sich ergehen lassen muss – dies geht nur im Rahmen seiner sog. Duldungspflichten.
In der Rechtspraxis spielt das Mitverschulden eine Nebenrolle. Selbst wenn sie von Arztseite im Prozess vorgebracht wird, greift sie in nur sehr seltenen Fällen zu Lasten des Patienten. Zudem mahnt der Bundesgerichtshof zur zurückhaltenden Anwendung, da zwischen Arzt und Patient ein Wissensgefälle vorliegt (vgl. BGH NJW 1997, 1635).
Die Aufgabe des den Patienten vertretenden Fachanwalts besteht dann unter anderem darin, die vorgebrachten Einwände der Gegenseite eingehend zu prüfen und letztlich zu entkräften.