Verjährung eines Behandlungsfehlers
Grundsätzlich verjähren Ansprüche aus einem Behandlungsfehler nach drei Jahren. Im Arzthaftungsrecht gibt es dabei eine Besonderheit zu beachten: Die Verjährung beginnt erst dann zu laufen, wenn der Patient entweder Kenntnis davon hat oder hätte erkennen können, dass ein Behandlungsfehler überhaupt vorliegt.
Patient muss Kenntnis von Behandlungsfehler haben
Wenn beispielsweise das falsche Knie operiert worden ist, weiß der Patient das schon am nächsten Morgen nach der Operation. Ein Geburtsschaden dagegen wird häufig erst nach ein paar Monaten oder Jahren offensichtlich, z.B. wenn die Entwicklung eines Kindes nicht normal verläuft. Eltern kommen häufig erst dann auf die Idee, dass der Schaden nicht schicksalhaft, sondern auf einen möglichen Behandlungsfehler zurückzuführen ist. Und sie fangen erst zu diesem Zeitpunkt an, zu recherchieren.
Das OLG Jena hat in seinem Urteil vom 05.06.2012 – 4 U 159/11 – die Voraussetzungen für die Kenntnis vom Behandlungsfehler als Haftungsgrund in Arzthaftungsfällen wie folgt zusammengefasst:
„Die Kenntnis vom Misserfolg oder einer Behandlungskomplikation reicht allein noch nicht für die Kenntnis eines haftungsrelevanten Behandlungsfehlers aus. Dem Patienten müssen vielmehr diejenigen Behandlungstatsachen positiv bekannt geworden sein, die – im Blick auf den Behandlungsfehler – ein ärztliches Fehlverhalten und – im Blick auf die Schadenskausalität – eine ursächliche Verknüpfung der Schadensfolge mit dem Behandlungsfehler bei objektiver Betrachtung nahelegen; medizinische Detailkenntnisse sind nicht erforderlich. Das setzt ein Grundwissen über den konkreten Behandlungsverlauf voraus, zu dem neben der Kenntnis der gewählten Therapiemethode auch gehört, dass der Patient die wesentlichen Umstände des konkreten Behandlungsverlaufs positiv kennt oder grob fahrlässig nicht kennt, d.h. auch Kenntnis von Tatbestand und Art des Eintretens von Komplikationen und die zu ihrer Beherrschung getroffenen ärztlichen Maßnahmen. Darüber hinaus erforderlich ist die Kenntnis eines vom medizinischen Standard abweichenden ärztlichen Verhaltens, weil erst diese Verletzung der Berufspflicht des Arztes dessen Haftung begründet.“
Nie ohne einen spezialisierten Anwalt
Da ein Patient als medizinischer Laie diese Kenntnis kaum haben kann, sollte er sich bereits beim geringsten Verdacht auf einen Behandlungsfehler unverzüglich an einen spezialisierten Anwalt wenden. Der weiß, was zu tun ist, er fordert die Behandlungsunterlagen an, er setzt sich mit der gegnerischen Versicherung auseinander und bittet sie ggfs. darum, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten. Das tun die Versicherungen auch in aller Regel, doch sie tun es nicht von sich aus: Man muss sie dazu auffordern.
Um festzustellen, ob tatsächlich ein Behandlungsfehler vorliegt, wird in der Regel ein medizinisches Gutachten eingeholt. Dabei muss beachtet werden, dass in der Zeit, in der das Gutachten erstellt wird, was durchaus einige Monate in Anspruch nehmen kann, die Verjährungsfrist weiter laufen kann. Ein spezialisierter Anwalt kennt die Mittel und Wege, um die Verjährung zu hemmen bzw. die Ansprüche nicht verjähren zu lassen.
Drängt sich der Verdacht einer fehlerhaften Behandlung auf (im Juristendeutsch heißt das „grob fahrlässige Unkenntnis“), beginnt die Verjährung am Ende des Jahres zu laufen, in dem der Patient den Fehler erkannt hat. Hat er beispielsweise im Jahr 2012 Kenntnis von einer fehlerhaften Behandlung aus dem Jahr 2008 erhalten, beginnt die Verjährung am 31.12.2012 um 00:00 Uhr zu laufen. Die Verjährung tritt nach drei Jahren am 31.12.2015 um 00:00 Uhr ein.
Betroffene Patienten sollten also auf keinen Fall den Stichtag 31.12. verpassen. Auf jeden Fall sollten sie bei Verdacht auf Vorliegen eines Behandlungsfehlers nicht zu lange warten, bevor sie aktiv werden. Und wenn sie aktiv werden, ist ein Fachanwalt für Medizinrecht immer der richtige Ansprechpartner.