Geburtsschäden Schulterdystokie und Plexusparese
Die Schulterdystokie als Folge einer gestörten Geburtsmechanik ist eines der prominentesten forensischen Fallbeispiele und beschäftigt mit steter Regelmäßigkeit die Gerichte. Als Patientenvertreter mit dem Schwerpunkt Geburtshilfe kommt man um folgende Feststellung nicht herum: Alle Geburtshelfer reden über die Schulterdystokie, aber keiner weiß, wovon er redet und vor allem redet keiner mit der Mutter!
Bei der Schulterdystokie handelt es sich um eine Entwicklungsstörung des Kindes nach der Geburt des Kopfes, die fast immer mit einer irreversiblen Lähmung des Nervengeflechts Plexus (zwischen Hals und Schulter einer oberen Extremität) verbunden ist, weil eine der Schultern des Kindes im Geburtskanal stecken geblieben ist.
Schulterdystokie – kein unerwartetes Ereignis
Da die Schulterdystokie manchmal von bestimmten anamnestisch erfassbaren Faktoren abhängt, wie z.B. einem (sonografisch) vermuteten makrosomen Kind oder einem Schwangerschaftsdiabetes, ist sie manchmal kein überraschendes Ereignis. Die Mutter sollte daher gegebenenfalls frühzeitig über ihr spezifisches Risiko aufgeklärt werden. Eine entsprechend aufgeklärte Mutter wird sich in der Regel für einen Kaiserschnitt entscheiden.
Sollte es dennoch zu einer vaginalen Geburt mit der Folge einer Schulterdystokie kommen, gibt es ein klar abgestuftes Handlungskonzept, das bei korrekter Anwendung gut geeignet ist, das geburtshilfliche Hindernis atraumatisch und damit folgenlos zu überwinden. Die bekanntesten Manöver sind McRoberts, suprasymphysärer Druck, Woods, Rubin, hintere Armlösung, Gaskin, Zavanelli.
Alle diese Manöver zielen darauf ab, Zugkräfte, also Traktionskräfte, zu vermeiden, da zur Überwindung der Schulterdystokie keinesfalls Zug auf den kindlichen Kopf ausgeübt werden darf.
Leider gelingt es den Geburtshelfern häufig nicht, eine Schulterdystokie atraumatisch zu überwinden. Kommt es beim Kind zu irreversiblen Plexuslähmungen, so liegen häufig und nachweislich Dehnungs-, Zerreißungs- oder Abrissverletzungen des Nervengeflechts C5 – Th1 vor. Das Ausmaß der Schädigung kann häufig im Rahmen einer indizierten Plexuslähmungsoperation festgestellt und dokumentiert werden.