Voraussetzungen für Beweiserleichterungen
Sind bestimmte Voraussetzungen erfüllt, kann es auch zu einer Beweiserleichterung für den Patienten kommen. Zu den Voraussetzungen gehören z.B.:
- Unterlassene Dokumentation
Wenn eine dokumentationspflichtige Maßnahme nicht dokumentiert ist (z.B. Ultraschall, körperliche Untersuchung, Blutdruckmessung etc.), gilt sie solange als nicht durchgeführt, bis der Arzt auf anderem Wege (z.B. durch Zeugen) bewiesen hat, dass er die Maßnahme durchgeführt hat.
- Vollbeherrschbare Risiken
Hierzu gehören all die Risiken, die voll beherrscht werden können und deshalb auch voll beherrscht werden müssen (z.B. Sturz vom OP-Tisch, defektes Narkosegerät, Lagerungsschaden, Seitenverwechslung, Vergessen von OP-Werkzeug im Bauch etc.).
- Organisationsverschulden
Der Arzt bzw. Krankenhaus sind zur sachgerechten Organisation, Koordination und Überwachung der Behandlungsabläufe verpflichtet. Wird gegen diese Pflicht verstoßen, kommt eine Haftung unter dem Gesichtspunkt des Organisationsverschuldens in Betracht.
Beweislastumkehr bei grobem Behandlungsfehler
Bestätigt der Sachverständige einen Behandlungsfehler, muss der Patient außerdem den Nachweis führen, dass der Fehler für den ihm entstandenen Gesundheitsschaden ursächlich ist (Kausalität). Letzteres ist für den medizinischen Laien kaum bzw. nur schwer zu beweisen. Um „Waffengleichheit“ herzustellen, wird dem Patienten eine sogenannte Beweislastumkehr zugebilligt, wenn ein Behandlungsfehler sich als schwer bzw. grob herausstellt.
Nach dem Bundesgerichtshofes (BGH) setzt ein grober Behandlungsfehler „neben einem eindeutigen Verstoß gegen bewährte ärztliche Behandlungsregeln oder gegen gesicherte medizinische Erkenntnisse die Feststellung voraus, dass der Arzt einen Fehler begangen hat, der aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erscheint, weil er einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen darf.“ (BGH VersR 2007, 541f)
Beweislastumkehr bedeutet für den geschädigten Patienten, der Arzt bzw. das Krankenhaus muss beweisen, dass die gleichen gesundheitlichen Folgen auch bei richtigem ärztlichen Vorgehen eingetreten wären, beziehungsweise dass der Behandlungsfehler auf keinen Fall zu dem Gesundheitsschaden geführt hat.