Finanzielle Absicherung nach Unfällen und Behandlungsfehlern: Ein Experte gibt Tipps
Schwere Verletzungen nach Unfällen oder Behandlungsfehlern stellen Betroffene und ihre Angehörigen oft vor die Frage, wie es nicht nur gesundheitlich, sondern auch finanziell weitergehen soll. Schließlich sah die bisherige Lebensplanung anders aus.
Gerade bei laufenden Finanzierungen stellt sich die Frage, wer die Ratenzahlungen übernimmt, wenn ein Einkommen ganz oder teilweise wegfällt.
Um hier ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen, sprechen wir heute mit Steven Punt, Versicherungs- und Finanzexperte und Inhaber der Allianz Agentur Punt.
Quirmbach & Partner: Hallo Herr Punt, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen, meine Fragen zu beantworten. Was sollte ich als Erstes tun, wenn ich nach einem Unfall oder Behandlungsfehler verletzt bin und absehbar ist, dass ich länger ausfallen werde?
Steven Punt:
Gerade im finanziellen Bereich geht es jetzt im ersten Schritt darum, die Fixkosten zu klären und zu schauen, welche Ausgaben in der Haushaltsrechnung gedeckt und vielleicht sogar abgesichert sind.
Quirmbach & Partner: Abgesichert ist ein gutes Stichwort, wie finde ich heraus, welche Risiken abgesichert sind? Und was ist im Schadensfall zu tun?
Steven Punt:
Im Idealfall sind alle relevanten Versicherungen in einem Ordner (digital oder ausgedruckt) zusammengefasst. Ist dies nicht der Fall, hilft ein Blick auf die Kontoauszüge. Dort finden sich alle Abbuchungen sowie die jeweiligen Vertragsnummern der Versicherungen und laufenden Finanzierungen.
Dann gibt es zwei Möglichkeiten:
- Sie gehen auf jede Versicherung oder Bank zu und fragen nach, was genau abgesichert ist. In der Hoffnung, schnell zu verstehen, was Inhalt des jeweiligen Vertrages ist.
- Sie holen einen Fachmann mit ins Boot und übertragen ihm die Koordination der Recherche. Das hat den Vorteil, dass er nicht gerade eine emotionale Achterbahnfahrt erlebt und die gesammelten Informationen komprimiert weitergeben kann. Mit einer Priorisierung, was in welcher Reihenfolge zu tun ist.
Quirmbach & Partner: Wo finde ich, wann und welche Versicherung informieren muss?
Steven Punt:
Grundsätzlich spricht man im Schadensfall immer von einer unverzüglichen Meldepflicht. Also eine zeitnahe Information an den Versicherer nach Eintritt des Schadens.
Wenn der Unfall das Familienmitglied getroffen hat, das sich bisher immer um die Finanzen gekümmert hat, ist die Frage, wie schnell alle Informationen vorliegen, um der Meldepflicht auch nachzukommen und keine Ansprüche zu verlieren. Hier verweise ich auf meine vorige Antwort.
Restschuldversicherung: mögliche Absicherung bei Ausfall von Einkommen
Quirmbach & Partner: Gibt es eine Versicherung, die meine Kreditraten weiterzahlt, wenn ich nicht mehr dazu in der Lage bin?
Steven Punt:
Bei den meisten privaten Finanzierungen, sei es für ein Auto, die Einrichtung der Wohnung oder auch zur Finanzierung der Nebenkosten für die eigene Immobilie, werden häufig so genannte Restschuldversicherungen mit angeboten. Der Deckungsumfang ist in der Regel dreistufig aufgebaut. Die Basisabsicherung ist der Todesfall. Wem das nicht reicht, der kann sich auch gegen Arbeitsunfähigkeit oder sogar zusätzlich gegen Arbeitslosigkeit absichern.
Quirmbach & Partner: Die Restschuldversicherung hat nicht den besten Ruf, viele kritisieren sie als teure Zusatzversicherung ohne nennenswerten Nutzen.
Steven Punt:
Das stimmt so nicht. Natürlich kann man auch mit einer Risikolebensversicherung für den Todesfall, einer Unfall- oder Berufsunfähigkeitsversicherung, für den Fall einer schweren Erkrankung oder Verletzung oder einem zusätzlichen Krankentagegeld vorsorgen. Diese Versicherungen haben den Vorteil, dass sie nicht nur für den kurzfristig aufgenommenen Kredit geeignet sind, sondern auch darüber hinaus für Stabilität in der Finanzkraft des privaten Haushalts sorgen. Allerdings haben diese Versicherungen auch ein Aber! Alle Produktvarianten setzen bei Abschluss einen (einigermaßen) guten Gesundheitszustand voraus. Und die Gesundheit wird bekanntlich mit zunehmendem Alter nicht besser. Bei der Absicherung über eine Restschuldversicherung wird in der Regel kaum oder gar nicht nach dem Gesundheitszustand gefragt, was den Zugang hier deutlich erleichtert.
Quirmbach & Partner: Was mache ich im Schadensfall, wenn ich eine Restschuldversicherung abgeschlossen habe?
Steven Punt:
Die Restschuldversicherung übernimmt im Schadensfall die anfallenden Kreditraten. Sie schafft damit mehr finanziellen Spielraum für den Geschädigten und hilft, die wichtige Einnahmen-Ausgaben-Rechnung neu aufzustellen. Wie lange die Raten übernommen werden, kann von Anbieter zu Anbieter variieren.
Grundsätzlich ist es wichtig zu wissen, ob es eine solche Absicherung für den Kredit gibt. Es empfiehlt sich daher, frühzeitig das Gespräch mit der Bank zu suchen. Im persönlichen Gespräch wird dann geklärt, welche Unterlagen für den Kreditantrag notwendig sind.
Meine Erfahrung in der Praxis zeigt jedoch, dass bestehende Absicherungen im Schadensfall nicht selten ungenutzt bleiben, weil die Kenntnis über die entsprechende Absicherung schlichtweg vergessen wird.
Bei Unsicherheiten des Geschädigten oder seiner Angehörigen im Umgang mit der jeweiligen Bank kann auch, wie eingangs erwähnt, ein unparteiischer Sachverständiger hinzugezogen werden.
Quirmbach & Partner: Herr Punt, vielen Dank für das Gespräch
Das Gespräch führte Rechtsanwalt und Partner Sven Wilhelmy
Steven Punt, Betriebswirt und Finanzexperte, ist Leiter einer Allianz Versicherungsagentur in Heidelberg. Er engagiert sich in der Arbeit mit Menschen mit Behinderungen und begleitet soziale Projekte.