Medizinische Gutachten – Qual der Wahl?
Um einen vermuteten Behandlungsfehler nachweisen zu können, ist ein medizinisches Sachverständigen-Gutachten von elementarer Bedeutung. Nur selten regulieren Versicherer den Schaden, ohne dass ein Gutachten vorliegt. Auch Anwälte sind auf eine fundierte medizinische Beurteilung angewiesen, um den Behandlungsfehler juristisch bewerten zu können.
Für geschädigte Patienten gibt es drei Möglichkeiten, ein solches Gutachtens zu erhalten, die sich im Wesentlichen in der Höhe der Kosten, der Dauer der Erstellung und der Qualität unterscheiden.
Gutachten der Schlichtungsstelle der zuständigen Landesärztekammer
Diese Begutachtungsart ist für den Patienten kostenlos, jedoch beträgt die durchschnittliche Verfahrensdauer etwa ein bis eineinhalb Jahre. Zudem sind diese Gutachten für komplizierte Sachverhalte wenig geeignet.
Dem Verfahren müssen sowohl der Patient als auch die Behandlungsseite zustimmen. Am Ende steht eine unverbindliche Empfehlung, an die keine Seite gebunden ist. Das heißt, wenn die Kommission zu dem Ergebnis kommen sollte, ein Behandlungsfehler liege nicht vor (was nach unserer Erfahrung sehr häufig der Fall ist), hat der Patient trotzdem die Möglichkeit, Klage zu erheben. Umgekehrt gilt, dass der Versicherer die Regulierung ablehnen kann, selbst wenn die Schlichtungsstelle einen Behandlungsfehler bestätigt hat.
Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkasse (MDK-Gutachten)
Die Erstellung dieses Gutachtens ist ebenfalls kostenlos, doch dauert die Anfertigung durchschnittlich sechs bis acht Monate. Das Verfahren ist für die Behandlungsseite nicht zustimmungspflichtig. Die Qualität dieser Gutachten schwankt extrem zwischen hochqualifiziert und sehr oberflächlich. Einen Einfluss darauf, wer die Begutachtung durchführt, hat der Patient nicht.
Das Privatgutachten
Das Privatgutachten ist die schnellste und qualitativ hochwertigste Variante und in unseren Augen der Königsweg. Zudem hat man Einfluss auf die Auswahl des Gutachters. Der Nachteil ist, dass der Patient die Kosten selbst tragen muss.
Die Begutachtung findet meist in zwei Schritten statt: Mit dem sogenannten Vorab-Votum teilt der Sachverständige mit, wie er den Fall einschätzt. Gleichzeitig informiert er über die Kosten, die für die Erstellung des vollständigen Gutachtens fällig werden.
Fällt das Vorab-Votum positiv aus, muss ein verbindlicher Gutachten-Auftrag erteilt werden. Das Vorab-Votum liegt in der Regel innerhalb von zwei bis drei Wochen vor, das vollständige Gutachten nach Erteilung des verbindlichen Gutachtenauftrages nach vier bis fünf Wochen. Unsere Kanzlei arbeitet seit vielen Jahren erfolgreich mit einem privaten Begutachtungsinstitut und mit qualifizierten Privatgutachtern verschiedenster medizinischer Fachrichtungen zusammen.
Ein Patient ist übrigens nicht gezwungen, sich für eine der Gutachtenarten zu entscheiden. Er kann durchaus zwei Gutachten parallel veranlassen. Liegt z.B. ein positives Privatgutachten vor, können die Verhandlungen mit der Gegenseite beginnen. Kommt zu einem späteren Zeitpunkt ein anderes positives Gutachten hinzu, kann dies als ein weiteres Argument eingesetzt werden kann.
Bei allen drei Gutachten-Varianten wird die ärztliche Behandlung aus medizinischer Sicht begutachtet und schriftlich beurteilt. Die juristische Bewertung und damit zusammenhängend die Schadensregulierung und Bezifferung des Schadens ist noch nicht erfolgt. Daher ist es auf jeden Fall sinnvoll, einen spezialisierten Anwalt mit der Wahrnehmung der Interessen zu beauftragen. Er verfügt über die notwendigen juristischen und auch medizinischen Kenntnisse und klärt über alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten auf.