Verdienstausfallschaden: Kein Geld zu verschenken
Durch die gravierenden gesundheitlichen Folgen nach einem schweren Unfall oder Behandlungsfehler wird der Geschädigte meist für längere Zeit, wenn nicht sogar dauerhaft, arbeitsunfähig. Eine der Aufgaben des Anwalts ist es, die korrekte Höhe des ihm entstandenen Verdienstausfallschadens zu bestimmen.
Ermittlung des Verdienstausfallschadens
Wie bei allen Schadensersatzpositionen ist auch im Rahmen der Ermittlung des Verdienstausfallschadens der konkrete Schaden zu ermitteln, also zu fragen: Wie wäre die berufliche Situation und das Einkommen des Geschädigten ohne das Unfallereignis gewesen. Ist diese Höhe bestimmt, wendet der Versicherer häufig ein, dass ein pauschaler Betrag für sogenannte berufsbedingte Aufwendungen in Abzug zu bringen ist. Das sind beispielsweise Fahrtkosten, Kosten für Berufskleidung, Mehrkosten für Verpflegung an der Arbeitsstelle etc.
Dahinter steht der Grundgedanke, dass der Geschädigte grundsätzlich so zu stellen ist, als sei das Schadensereignis und die daraus hervorgegangenen Folgen nicht eingetreten. Wenn er weitergearbeitet hätte, hätte er beispielsweise den Weg zur Arbeitsstelle zurücklegen müssen und dementsprechend diese Fahrtkosten (für Auto oder Zug) von seinem Nettolohn gezahlt. Mangels weiterer Informationen wird dazu häufig ein Pauschalbetrag in Höhe von 5 % – meist sogar 10 % – des Nettoeinkommens bei der Berechnung in Abzug gebracht, der aber möglicherweise nicht angemessen ist. Wäre der Geschädigte beispielsweise mit dem Fahrrad zur Arbeit gefahren, wären ihm keinerlei Fahrtkosten entstanden.
Umfassende Informationen sind für den Anwalt unerlässlich
Wenn die Gegenseite diesen Einwand bringt, muss der Anwalt unbedingt darüber informiert werden, wie der Weg zur Arbeitsstelle zurückgelegt worden wäre, ob spezielle Berufskleidung für die Arbeit erforderlich gewesen wäre, die selbst zu zahlen war und welches Essen auf der Arbeitsstelle regelmäßig verzehrt worden wäre (bringt man sich das Butterbrot von zu Hause mit oder isst man während der Arbeit im Restaurant).
Die konkrete Bestimmung der Höhe der Kosten ist häufig erheblich niedriger als die pauschal angesetzten Beträge. Die Folge ist, dass bei der Position Verdienstausfallschaden unnötig Geld verschenkt wird. Eine umfassende Information des Anwalts ist für eine korrekte Festlegung des Schadens unerlässlich.
Detaillierte Informationen hierzu finden Sie in dem Aufsatz „Zur Regulierung materieller Ansprüche bei schweren Personenschäden (Verdienstausfall)“, zfs – Zeitschrift für Schadensrecht, Deutscher Anwaltverlag (Heft 1, 2018)
Valeska Strunk, Rechtsanwältin