Bemessungsgrundlage des Haushaltsführungsschadens
Die Bemessungsgrundlage des Haushaltsführungsschadens wird immer wieder kontrovers diskutiert. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seinem Urteil vom 3.2.2009 (Az. VI ZR 183/08) grundsätzlich entschieden, dass eine Schätzung des Schadens auf der Grundlage des Tabellenwerkes „Der Haushaltsführungsschaden“ von Schulz-Borck/Hofmann möglich ist. Ein Muss ist die Orientierung an dem Tabellenwerk allerdings nicht.
Im Gegensatz dazu hat das Oberlandesgericht (OLG) Celle in seinem Urteil vom 26.06.2019 (Az. 14 U 154/18) eine Schätzung des erforderlichen Zeitbedarfs auf Grundlage der Tabellen abgelehnt. Als Begründung führte der Senat aus, die Tabellen suggerierten eine Scheingenauigkeit. Zudem seien sie zum Teil veraltet.
Beweisschwierigkeiten beim Haushaltsführungsschaden
Wir sind der Meinung, dass ein Geschädigter beim Nachweis des Haushaltsführungsschadens nicht überfordert werden darf. Wie soll er z.B. nach einem Unfall noch genau darlegen können, welche Aufgaben im Haushalt er vor dem Unfall im Einzelnen übernommen hat und wie hoch der zeitliche Aufwand dafür war? Die Aufgaben selbst lassen sich möglicherweise noch ermitteln, aber der zeitliche Umfang? Wissen Sie heute noch, wie viele Stunden sie in der letzten Woche für Ihren Haushalt aufgewandt haben?
Bereits Ende der 70er Jahre wurde diese Beweisschwierigkeiten erkannt und man versuchte, eine Lösung zu finden. Doch es gab keine konkret geklärten Ansatzpunkte, wie der Haushaltsführungsschaden zu berechnen ist. Die Versicherungswirtschaft hat sich deshalb überlegt, klare Richtlinien für alle Beteiligten zu schaffen, ähnlich wie bei den Nutzungsausfalltabellen für den Kfz-Schaden.
Die „Geburt“ der Tabellen zum Haushaltsführungsschaden
In Zusammenarbeit mit einem Haushaltswissenschaftler haben Gesellschaftsärzte eines Versicherers die einzelnen Tätigkeiten im Haushalt und den entsprechenden Zeitaufwand analysiert. Auf der Grundlage dieser Ergebnisse entwickelten sie die Haushaltsführungs-Tabellen – die Grundlage des Werkes von Schulz-Borck/ Hofmann.
Sicherlich muss jeder einzelne Schadensfall individuell betrachtet werden. Doch sind die Tabellen eine gute Grundlage, um das Schadensausmaß zu schätzen. Wenn ein Geschädigter schwer verletzt wurde und die Angehörigen ohnehin nicht mehr wissen, wo ihnen der Kopf steht, sollten sie nicht auch noch umfangreiche Aufstellungen und Listen anfertigen müssen. In einer solchen Situation braucht es solch pragmatische Lösungen, wie sie mit den Tabellen geschaffen wurden. Und wenn das OLG Celle der Meinung ist, die Tabellen seien veraltet, so sollten diese an die aktuellen Anforderungen angepasst werden.
Melanie Mathis, Fachanwältin für Verkehrsrecht und Partnerin