Schweigepflichtentbindungserklärung und Einwilligung in die Weitergabe der Gesundheitsdaten an Dritte
Grundsätzlich ist ein Geschädigter zur Mitwirkung an der Aufklärung von Unfallfolgen verpflichtet. Er ist verpflichtet, die geforderten Belege einzureichen und dem Haftpflichtversicherer eine längere Prüfungsfrist zu gewähren. Allerdings ist er nicht dazu verpflichtet, es dem Schädiger zu ermöglichen, seine Gesundheitsdaten an Dritte zur Prüfung weiterzugeben. Das hat das Landgericht (LG) Essen in seinem Beschluss vom 08.08.2018 (Az.: 2 O 88/18) entschieden.
In dem behandelten Fall hat der Kläger die erforderlichen Atteste und Belege, den Fragebogen der Beklagten und eine Schweigepflichtentbindungserklärung eingereicht. Die Einwilligung zur Datenweitergabe an Dritte durch die Beklagte hat er jedoch nicht unterzeichnet. Nach dem Urteil des LG Essen ist er dazu auch nicht verpflichtet. Außerdem darf ihm die fehlende Einwilligung auch nicht zum Nachteil gereichen.
Dem Versicherer war eine Prüfung anhand der eingereichten Unterlagen möglich. Ihm lagen alle Arztberichte vor und auch die Schweigepflichtentbindungserklärung.
Keine Pflicht zur Einwilligung zur Datenweitergabe an Dritte
Nach Auffassung des LG Essen ist kein Grund ersichtlich, aus dem der Versicherer eine Prüfung der Umstände aufgrund der fehlenden Einwilligung in die Datenweitergabe an Dritte nicht hätte vornehmen können. Das Argument, dass möglicherweise interne, automatisierte Speicherungsprozesse durch die mangelnde Einwilligungserklärung erschwert werden, sei ein Problem des Versicherers und könne nicht dem Geschädigten angelastet werden.
Wäre der Geschädigte verpflichtet, die Einwilligung in die Datenweitergabe an Dritte zu erteilen, um an seinen Schadensersatzanspruch zu kommen, widerspräche dies sämtlichen datenschutzrechtlichen Bestimmungen. Die Einwilligungserklärung in die Datenweitergabe wäre kaum noch freiwillig und somit obsolet.
Ausgewogenen Formulierung von Schweigepflichtentbindungserklärungen fehlt
Das Problem mit den Schweigepflichtentbindungserklärungen, die größtenteils auch die Einwilligung in die Datenweitergabe an Dritte beinhalten, war auch Thema beim 55. Verkehrsgerichtstag 2017 in Goslar. Hier wurde dieser Punkt nicht endgültig geklärt. Stattdessen wurde an die Versicherer und Rechtsanwälte appelliert, gemeinsam eine Formulierung auszuarbeiten. Dazu wurde ein neue Arbeitsgruppe gebildet, die aber – vermutlich aufgrund der neuen Datenschutzgrundverordnung – ohne Ergebnis aufgelöst wurde.
Das Problem der ausgewogenen Formulierung von Schweigepflichtentbindungserklärungen bleibt damit weiter ungelöst. Es ist zu befürchten, dass es auch weiterhin kontroverse Auffassungen dazu geben wird. Das ist nicht im Interesse der Geschädigten, eine Lösung muss dringend gefunden werden.
Laura Quirmbach, LL.M. (Medizinrecht), Fachanwältin für Medizinrecht