Behandlungsfehlerstatistik der Bundesärztekammer 2020
In meinem Beitrag „Eine Krähe hackt der anderen doch kein Auge aus“ habe ich mich mit der Behandlungsfehlerstatistik der Schlichtungsstellen der Ärztekammern und des medizinischen Dienstes der Krankenkasse aus dem Jahr 2017 befasst. 2017 haben die Schlichtungsstellen in insgesamt 24,4 % der Fälle und die Gutachter der medizinischen Dienste der Krankenkassen (MDK) in 19,9 % der untersuchten Fälle einen Behandlungsfehler festgestellt, der auch zu einem kausalen Gesundheitsschaden geführt hat.
Inzwischen sind einige Jahre vergangenen und mit Spannung habe ich auf die Statistik für das Jahr 2020 gewartet, die vor Kurzem veröffentlicht wurde: Statistische Erhebung der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen für das Statistikjahr 2020
Wie hoch ist die Behandlungsfehlerquote?
Im Jahr 2020 wurden den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen insgesamt 9483 Behandlungsfehler gemeldet.
- 7055 Fälle wurden insgesamt entschieden.
- 2146 mal (30,42 %) hat sich der Verdacht auf einen Behandlungsfehler bestätigt.
- In 1.568 Fällen (24,68 %) war der Behandlungsfehler auch Ursache für einen Gesundheitsschaden.
Das bedeutet, dass ein Viertel der betroffenen Patienten einen Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld geltend machen konnten.
Im Vergleich zu den Vorjahren ist die Fehlerquote in etwa gleichgeblieben. Eine ähnliche Tendenz zeigen übrigens auch die Zahlen der medizinischen Dienste der gesetzlichen Krankenkassen, die ebenfalls Behandlungsfehlergutachten erstellen.
Orthopädie führend bei Behandlungsfehlern
Nach wie vor werden die meisten Verfahren auf dem Gebiet der Orthopädie geführt. Das überrascht nicht, denn hier finden auch die meisten Operationen statt. Fasst man die Frauenheilkunde und Geburtshilfe zusammen, liegen diese Bereich nach der Allgemeinchirurgie auf Platz drei der Statistik.
Überraschend ist die auffallend hohe Zahl an Fehlern im Bereich Diagnostik. In unserer täglichen Arbeit spiegelt sich diese Tendenz in der Form nicht wider. Eine mögliche Erklärung wäre, dass dem Bereich Diagnostik auch die Fehler zugerechnet werden, die dadurch zustande kommen, dass nicht alle notwendigen Befunde erhoben wurden. Leider gibt die Statistik an dieser Stelle keine eindeutige Auskunft.
Behandlungsfehlerstatistik – die Spitze des Eisbergs
Es muss allerdings auch kritisch festgestellt werden, dass die in der Statistik aufgeführten Daten die tatsächliche Zahl der Behandlungsfehler nicht vollständig abbilden. In Deutschland gibt es, anders als in vielen anderen Ländern, leider noch immer kein zentrales Behandlungsfehlerregister. Daher können die in der Statistik aufgeführten Zahlen auch nur als die Spitze des Eisbergs gesehen werden. Die Dunkelziffer dürfte deutlich höher sein.
Betroffene Patienten sollten einem Verdacht immer nachgehen
Der Satz von der Krähe, die der anderen kein Auge aushackt, ist nicht wirklich haltbar: Immerhin wurde bei 30,42 % der Schlichtungsverfahren ein Behandlungsfehler festgestellt. In 24,68 % der Fälle hat der Fehler zu einem kausalen Gesundheitsschaden geführt hat. Das bedeutet, dass die Aussichten, einen Behandlungsfehler nachzuweisen, viel besser sind als viele meinen.
Auch wenn der Weg oftmals lang und steinig ist, lohnt es sich, einem Verdacht unbedingt nachzugehen und sich dabei von einem auf Arzthaftungsrecht spezialisierten Anwalt unterstützen zu lassen. Die Fachanwälte von Quirmbach & Partner helfen Ihnen bei der Durchsetzung Ihrer Ansprüche aus einem Arztfehler – von der Prüfung der Erfolgsaussichten einer Rechtsverfolgung bis hin zur gerichtlichen Durchsetzung Ihrer Schadenersatzansprüche.