Wichtige Information: „Bundesbank-Vorstand warnt Banken vor Strafzinsen“
Auswirkungen von Strafzinsen auf den Zinssatz bei der Kapitalisierung von Schadenersatzrenten
Nach Einschätzung des obersten Vermögensverwalters der Deutschen Bank werden Strafzinsen auf Konten und Sparbüchern bald zur Normalität. „Einige wenige Banken berechnen ihren Kunden jetzt schon negative Zinsen“, sagte Asoka Wöhrmann, Chefanlagestratege der Deutschen Asset & Wealth Management, der „Welt am Sonntag“ laut Vorabbericht. „Das dürfte angesichts der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank bald keine Seltenheit mehr sein“.(Quelle: manager magazin online) Strafzinsen, die bislang höchstens für Geschäftskunden gelten, träfen bald auch Privatkunden, sagte der Deutsche-Bank-Manager.
Sollten Strafzinsen Realität werden, muss das Konsequenzen für die Kapitalisierung von Schadenersatzrenten haben. Man mag es kaum glauben: Nach fast einem Jahrzehnt der Niedrigzinsen kapitalisieren viele Gerichte und auch die meisten Haftpflichtversicherer Abfindungszahlungen noch immer mit einem Zinssatz von 5 %.
Kapitalisierung von Schadenersatzrenten
Gehen wir davon aus, dass der Geschädigte Anspruch auf Erstattung seines Verdienstausfalles in Höhe von 2.500,00 € hat und er heute 27 Jahre alt ist. Dann wäre für die Berechnung der Abfindungssumme bis zum Rentenalter ein Zeitraum von 40 Jahren zugrunde zu legen. Bei der Kapitalisierung mit einem Zinssatz von 5 % würde der Geschädigte 683.000,00 € erhalten.
Kapitalisiert wird deshalb, weil der Entschädigte den Gesamtbetrag in einer Zahlung statt als regemäßige Rentenzahlung erhält. Legt er diesen Entschädigungsbetrag zinsbringend an, sollte am Ende, also nach Ablauf von 40 Jahren, der gleiche Betrag erreicht sein wie bei einer kontinuierlichen Rentenzahlung, denn die Abfindungslösung soll den Geschädigten nicht schlechter stellen.
In der Praxis klaffen Anspruch und Wirklichkeit bereits seit zehn Jahren auseinander. Wir leben seit zehn Jahren in einer Niedrigzinsphase. Die Zinserträge von Sparguthaben sind extrem gesunken und das Statement der Deutschen Bank zum Zinsniveau besagt, dass der Sparer zukünftig gar nicht mehr mit einem Zinsertrag rechnen kann, sondern eher mit Strafzinsen auf sein Sparguthaben, eine Praxis, die in der Schweiz schon seit einigen Jahren üblich ist.
Ist ein Zinssatz von 5% zeitgemäß?
Für die Kapitalisierung von Schadenersatzrenten bedeutet dies, dass in diesem Fall nicht mehr mit einem Zinssatz von 5 % kapitalisiert werden kann, vielmehr sind 0 % eine realistische Größe. Das bedeutet, dass die tatsächliche Addition aller monatlichen Renten für den Zeitraum von 40 Jahren auszuzahlen wäre. Für den Beispielfall bedeutet das eine Gesamtsumme von 1,2 Mio € (statt der oben berechneten 683.000 €). Eventuelle Zinserträge müssten noch angerechnet werden, doch werden die nie auch nur annähernd die Differenz von 517.000 € erreichen.
Zwar haben einige Gerichte und auch einige Versicherungen erkannt, dass 5 % heutzutage kein Maßstab mehr sind, und freundlicherweise mit 4 %, selten auch mit 3 % kapitalisiert. Aber auch dies wird dem Anspruch des Geschädigten nicht gerecht.
Die Abfindungslösung
Ändert sich der Kapitalisierungszins in absehbarer Zeit nicht, werden Geschädigte der Rentenzahlung den Vorzug vor der Kapitalisierung geben. Damit verzichten sie allerdings auf einen ganz wesentlichen Vorteil der Abfindungslösung: Ein erfolgreicher Abschluss verbessert nicht nur die wirtschaftliche Situation der Geschädigten, sondern auch die psychische und physische Belastungssituation.
Regulierungsverhalten der Versicherer bei Rentenzahlung
Wählt er die Rentenzahlung, kann er mit dem Schadensereignis nicht abschließen, weil er bis an sein Lebensende auf das Wohlwollen des Haftpflichtversicherers angewiesen ist, eine psychische Belastung, die nicht unterschätzt werden darf. Die Versicherung überprüft regelmäßig, ob die Rentenleistung noch den tatsächlichen Beeinträchtigungen des Geschädigten entspricht. Immer wieder werden Gutachten verlangt, die Zahlungen gekürzt, auch ohne Begründung und was dies bedeutet, davon können Geschädigte, die sich in einer solchen Situation befinden, ein Lied singen.
Zu den ohnehin großen Belastungen durch den Unfall oder was immer zum Schaden geführt hat, kommt der Dauerstress mit dem Haftpflichtversicherer. Diese Tatsache ist nicht nur sehr ärgerlich, sondern führt direkt zu dem Hauptargument für eine Abfindungslösung: Das Offenhalten von Schadenersatzansprüchen bei einer Rentenzahlung verhindert, dass der Geschädigte mit seinem Trauma abschließen und sich dem Wiederaufbau seines Lebens widmen kann. Bei einer Abfindungslösung, die dem Geschädigten einen sehr hohen Betrag beschert, verliert er die Angst um seine wirtschaftliche Zukunft, was in erheblichem Maße zur Gesundung beiträgt. Der Blick ist nach vorne gerichtet und das Trauma kann nach und nach in Vergessenheit geraten.
Bleibt die Frage des Schadenersatzes dagegen offen und wird nur eine monatliche Rentenzahlung geleistet, überwiegt die Zukunftsangst: Wann kommt die nächste Aufforderung, sich einer Begutachtung zu stellen? Wie lange zahlt die Versicherung überhaupt noch die Rente? Wann werden Abstriche gemacht? Bin ich wirtschaftlich bis an mein Lebensende abgesichert? …
Die dadurch bestehende psychische Belastung führt zu Dauerstress, Depressionen und verhindert die weitere Genesung. Für viele Geschädigte wird die Zukunft zu einem Dauerspießrutenlauf. Von Lebensqualität oder Lebensfreunde kann dann kaum mehr die Rede sein.
Wir erleben es in unserer Praxis häufig, dass ein solches Regulierungsverhalten bei einer Rentenzahlung Menschenleben geradezu zerstört.
Ein besonders krasses Beispiel fechten wir gerade mit einem der größten Haftpflichtversicherer Deutschlands aus. Der Unfall unseres Mandanten liegt 44 Jahre zurück. In diesen 44 Jahren hat er fünf Prozesse und etliche einstweilige Verfügungsverfahren gegen die Versicherung führen müssen. Die Korrespondenz füllt inzwischen einen ganzen Raum mit Aktenordnern.
Nachdem sie dem Geschädigten einen Detektiv ins Haus geschickt hat, stellte die Versicherung die Rentenzahlung komplett ein. Der Detektiv filmte den Mandanten innerhalb seiner Wohnung mit der Begründung, er wolle für eine Reha-Firma Aufnahmen von Haus und Wohnung machen, damit diese die geplanten Umbaumaßnahmen in Angriff nehmen könne. Die Aufnahmen dienten jedoch alleine dem Zweck, die Zahlungen komplett einzustellen mit der Begründung, der Mandant benötige keine Hilfe bei der Haushaltsführung und sei auch nicht pflegebedürftig.
Eine solch menschenverachtende Vorgehensweise ist im Übrigen keine Seltenheit.
Fazit:
Der Abfindungslösung ist in den meisten Fällen der Vorzug zu geben. Wichtig ist, dass dabei ein sehr niedriger Zinssatz für die Kapitalisierung gewählt wird, denn neben Sparguthaben gibt es sichere (!) Kapitalanlagen, die immerhin noch eine, wenn auch geringe Rendite bringen. Daher wird man heute sicher nicht bei 0 % ankommen, aber die Tendenz muss in diese Richtung gehen: Eine Kapitalisierung mit 2 % muss durchsetzbar sein.
Martin Quirmbach, Experte für Arzthaftungsrecht / Gründungspartner, Namensgeber und seit 2018 Berater der Kanzlei>