Schmerzensgeld bei Arbeits- und Wegeunfällen?
Bei Arbeitsunfällen und bei Wegeunfällen ist von der Berufsgenossenschaft in der Regel kein Schmerzensgeld zu erwarten. Ein Arbeitsunfall oder auch Betriebsunfall ist ein Unfall, der sich im Rahmen der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit ereignet. Aber nicht jeder Unfall, der sich während der Arbeitszeit ereignet, ist ein Arbeitsunfall. Geht ein Arbeitnehmer während der Arbeitszeit im Betrieb privaten, so genannten „eigenwirtschaftlichen Tätigkeiten“ nach, z. B. Essen, Trinken, Rauchen, Spazierengehen in der Mittagspause, greift die gesetzliche Unfallversicherung nicht.
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Ein Wegeunfall ist ein Unfall, der sich auf dem direkten Weg von und zur Arbeit ereignet, wobei die Betonung auf „direkt“ liegt. Grundsätzlich ist nur der „unmittelbare“ Weg von und zur Wohnung versichert, wobei der „unmittelbare“ Weg nicht unbedingt der „kürzeste“ Weg sein muss, z.B. wenn der weitere Weg verkehrsgünstiger ist.
Die Wohnung muss übrigens nicht die Hauptwohnung sein, auch der Weg von und zur Zweitwohnung ist versichert. Darüber hinaus sind auch bestimmte Umwege versichert, z. B. Fahrten im Rahmen einer Fahrgemeinschaft oder Fahrten zum Kindergarten/zur Kindertagesstätte.
Der Arbeitsweg beginnt mit dem Durchschreiten der Haustür und endet mit dem Erreichen der Arbeitsstätte. Stürzt ein Arbeitnehmer beispielsweise kurz vor dem Verlassen der Wohnung, kann kein Wegeunfall geltend gemacht werden.
Arbeitsunfälle und Wegeunfälle gehören zu den Versicherungsfällen der gesetzlichen Unfallversicherung, deren Träger die Berufsgenossenschaften sind.
Was leistet die gesetzliche Unfallversicherung
Der versicherte Arbeitnehmer kann seine Ansprüche gegenüber der Berufsgenossenschaft geltend machen, die die Kosten für die Heilbehandlung und die Wiedereingliederung übernimmt. Die Berufsgenossenschaft zahlt auch Verletztengeld, Übergangsgeld, Fahrtkosten etc.
Die Berufsgenossenschaft zahlt allerdings kein Schmerzensgeld. Auch der Arbeitgeber bzw. der Arbeitskollege, der den Unfall verursacht hat, ist von der Haftung befreit. Solange der Arbeitgeber alle gesetzlich vorgeschriebenen Sicherheitsmaßnahmen getroffen hat, haftet er in der Regel nicht für Verletzungen, die sich während der normalen Arbeitstätigkeit ereignen. Dieses sogenannte Haftungsprivileg soll dem Betriebsfrieden dienen und verhindern, dass Kollegen untereinander oder ein Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber klagt.
Das Haftungsprivileg gilt jedoch nicht, wenn der Unfall vorsätzlich herbeigeführt wurde. Bei Vorsatz hat der Geschädigte also durchaus Anspruch auf Schmerzensgeld.
Ausnahme Wegeunfall
Wer auf dem Weg zur Arbeit unverschuldet einen Unfall erleidet, ist durch die Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung abgesichert, was die Kosten für Heilbehandlungen, Fahrten zu Ärzten und Therapeuten, Verletztengeld etc. betrifft. Schmerzensgeld wird bei Wegeunfällen von der Berufsgenossenschaft nicht gezahlt. Der Geschädigte kann aber vom Schädiger bzw. dessen Kfz-Haftpflichtversicherung Schmerzensgeld und eine angemessene Entschädigung verlangen. Denn Haftpflicht- und Unfallversicherung, egal ob beruflich oder privat abgeschlossen, bestehen grundsätzlich nebeneinander und sind unabhängig voneinander eintrittspflichtig.
Die Abgrenzung und Einordnung eines Unfalls als Arbeits- oder Wegeunfall ist nicht immer einfach. Die Geltendmachung von Ansprüchen sollte daher einem spezialisierten Rechtsanwalt überlassen werden.
Ines Gläser, Fachanwältin für Medizinrecht