Schlaganfall & Behandlungsfehler – Gute Argumente für Patienten
Schlaganfallpatienten können bei Behandlungsfehlern besonders gut argumentieren. Das liegt an den sehr konkreten Formulierungen der Leitlinien und der medizinischen Fachliteratur. Hierdurch erhöhen sich die Erfolgsaussichten bei Schadensersatzforderungen erheblich.
I.) Leitlinien
In den aktuell noch geltenden Leitlinien heißt es, der Schlaganfall sei als „medizinischer Notfall“ anzusehen. Konkret wird gefordert:
- Innerhalb von 10 Minuten nach Eintreffen in der Klinik sollte der Patient durch einen Arzt gesehen werden.
- Die CT-Untersuchung sollte innerhalb von 25 Minuten nach Eintreffen beginnen.
- Die Behandlung sollte innerhalb von 60 Minuten nach Eintreffen beginnen („Door-to-Needle“-Zeit).
Darüber hinaus sollten die Patienten „unverzüglich auf eine Stroke Unit gebracht werden“.
Die Leitlinien weisen sogar darauf hin, dass „viele Zentren sehr viel ambitioniertere Ziele erreichen“.
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II.) Deutsches Ärzteblatt
Im Deutschen Ärzteblatt wurden schon im September 2011 noch schärfere Formulierungen verwendet:
Schlaganfallpatienten seien „mit höchster Priorität in eine spezialisierte Einrichtung (Stroke Unit) einzuweisen“. Dies sei „durch eine hohe Evidenzklasse“ belegt. Und:
„Plötzlich aufgetretene Lähmungen, akute Sprach – oder Sehstörung, stärkste erstmalig eingesetzte Kopfschmerzen sowie Vigilanzminderung müssen als Warnhinweis („red flags“) angesehen werden, die die sofortige stationäre Einweisung in ein Krankenhaus mit Stroke Unit (EK1) unter Umgehung des hausärztlichen Notdienstes und des Hausarztes zur Folge haben müssen.“
Das Deutsche Ärzteblatt erscheint seit 1872, richtet sich an alle medizinischen Fachrichtungen und erscheint wöchentlich in einer Auflage von 350.000 Exemplaren. Damit ist es die auflagenstärkste Medizinzeitschrift in Deutschland.
III.) Studien
Studien bestätigen darüber hinaus, dass allein die Behandlung auf einer Stroke Unit (verglichen mit einer allgemeinen Klinik) sehr effektiv ist und die Mortalität (Sterblichkeit) um 18-46 % und das Risiko einer Abhängigkeit um 29 % reduzieren. Denn hier gilt nicht nur der bekannte Grundsatz „time is brain“ (Zeit ist Hirn), sondern auch „competence is brain“ (Kompetenz ist Hirn).
Schlussfolgerung / Haftung
Werden die oben genannten Zeiten unterschritten oder wird der Patient nicht auf einen Stroke Unit verlegt, so könnte ein Anspruch auf Schadensersatz bestehen, wenn ein Schaden eingetreten ist. Dieser lässt sich mit den Leitlinien und der Literatur sehr gut begründen.
Malte Oehlschläger, Fachanwalt für Medizinrecht, spezialisiert auf Behandlungsfehler in der Neurologie