Sepsis – meist zu spät erkannt
„Die tödliche Krankheit, die selbst Ärzte zu spät erkennen“: Unter diesem Titel hat der Spiegel einen sehr interessanten und lesenswerten Artikel veröffentlicht.
Geschildert wird der Fall eines damals 44-jährigen Patienten, der eine Woche nach einem Routineeingriff einen septischen Schock erlitt. In der Folge erblindete der Patient und verlor seine Fingerkuppen sowie beide Unterschenkel. Vorausgegangen war eine zu spät erkannte und damit auch zu spät behandelte Sepsis. Seitdem ist der Mann erwerbsunfähig und in vielen Bereichen des täglichen Lebens auf fremde Hilfe angewiesen. Der Beitrag beschreibt auch sehr anschaulich die Schwierigkeiten bei der Durchsetzung der Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüche sowie die Probleme bei der Gewährung von Hilfsmitteln durch Behörden oder Krankenkassen.
Sepsis – ein ernstes Problem im deutschen Gesundheitssystem
Die hier geschilderten Probleme kennen wir aus unserem juristischen Alltag nur zu gut, denn wir bearbeiten viele ähnlich gelagerte Fälle. Wie die Autorin im Spiegel richtig feststellt, reden wir hier nicht über einen Einzelfall, sondern über ein sehr ernstes Problem im deutschen Gesundheitssystem.
Bei dem im Spiegel geschilderten Fall entwickelte sich die Sepsis, übrigens die dritthäufigste Todesursache in Deutschland, erst nach der Entlassung aus dem Krankenhaus und war daher für die behandelnden Ärzte daher möglicherweise nicht so einfach zu erkennen.
Anzeichen für eine Sepsis werden oft nicht oder zu spät erkannt
Wichtig ist es jedoch, auch auf die Fälle hinzuweisen, bei denen eine Sepsis noch während des stationären Aufenthaltes auftritt und dennoch zu spät erkannt wird. Die Anzeichen sind für die behandelnden Ärzte oft deutlich erkennbar, werden aber dennoch falsch interpretiert. Auffallend ist, dass die Fehler in der Behandlung sehr häufig in den Abendstunden sowie rund um Feiertage und Wochenenden beginnen. Immer wieder schildern unsere Mandanten, dass sie sich von den behandelnden Ärzten und dem Pflegepersonal nicht ernst genommen fühlten. Oft habe man ihre Klagen als Überempfindlichkeit abgetan. Sätze wie: „Dafür wecke ich jetzt keinen Arzt.“ oder „Sie sind nicht mein einziger Patient, stellen sie sich nicht so an.“ sind keine Seltenheit.
Einige Mandanten berichteten sogar, dass der ursprünglich behandelnde Arzt die richtigen Behandlungsschritte einleiten wollte, er dann aber vor den Augen der Mandanten von einem übergeordneten Arzt „zurückgepfiffen“ wurde. In jedem einzelnen Fall stellte sich die Entscheidung als falsch heraus, was zu katastrophalen gesundheitlichen Folgen für die Mandanten führte.
Wie können solche Diagnosefehler verhindert werden?
- Aufgabe der Krankenhäuser ist es, sicherzustellen, dass an sieben Tagen in der Woche rund um die Uhr die bestmögliche medizinische Betreuung gewährleistet ist.
- Patienten sollten beharrlich und entschieden auf Ihr Recht pochen und sich nicht abwimmeln lassen.
- Planbare stationären Aufenthalte sollten nicht rund um Feiertage oder vor einem Wochenende erfolgen.
Kommt es dennoch zu einer nicht erkannten und zu spät behandelten Sepsis, sollten Sie sich an Ihre Krankenkasse oder eine auf Arzthaftungsrecht spezialisierte Kanzlei wenden und den Fall überprüfen lassen.
Gewähren Behörden oder Ihre Krankenkasse die Ihnen zustehende Hilfsmittel, Pflegegrade oder Erwerbsunfähigkeitsrenten gar nicht oder nicht in dem von Ihnen gewünschten Umfang, sollten sich auf jeden Fall an einen Anwalt für Sozialrecht wenden.