Patient hat keinen Anspruch auf Privatadresse des Arztes
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs, der auch für die Fragen des Persönlichkeitsschutzes und der Arzthaftung zuständig ist, hat am 20.1.2015 über die Frage entschieden, ob ein Patient Anspruch darauf hat, die Privatanschrift eines Klinikarztes zu erfahren.
In dem zugrundeliegenden Fall hat der Kläger die beklagte Klinik und zwei bei ihr angestellte Ärzte auf Schadensersatz vor dem Amtsgericht Weißwasser in Anspruch genommen. Die Klage konnte an einen der Ärzte unter der Klinikanschrift zunächst nicht zugestellt werden, weil der Prozessbevollmächtigte des Klägers dessen Namen nicht richtig angegeben hatte. Nachdem der Name korrigiert worden war, war die Zustellung erfolgreich. Der Kläger verlangte von der Klinik Auskunft über die Privatanschrift des bei ihr beschäftigten Arztes, was die Klinik jedoch ablehnte.
Amtsgericht wies Klage ab
Das Amtsgericht wies die Klage ab, weil sie ein rechtliches Interesse des Klägers an der Kenntnis der Privatanschrift des angestellten Arztes als nicht gegeben erachtete. Das Landgericht Görlitz dagegen hat das Urteil abgeändert und die Beklagte zur Auskunft der Privatanschrift verurteilt. Begründet hat das Landgericht dies damit, dass sich der vom Amtsgericht geforderte Anspruch auf Anonymität nicht mit dem Wesen des Arzt-Patienten-Verhältnisses vereinbaren lasse. Das Landgericht ließ die Revision zu.
Am 20. Januar 2015 hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass ein Klinikträger einem Patienten die Privatadresse eines angestellten Arztes nicht nennen muss, um die Zustellung einer Klageschrift für einen Zivilprozess zu ermöglichen (BGH, Urteil vom 20.01.2015, Az. VI ZR 137/14).
Die Klage wurde abgewiesen und wie folgt begründet:
Schutz der Privatsphäre des Arztes hat Vorrang
„Zwar hat der Patient gegenüber Arzt und Krankenhaus grundsätzlich auch außerhalb eines Rechtsstreits Anspruch auf Einsicht in die ihn betreffenden Krankenunterlagen, soweit sie Aufzeichnungen über objektive physische Befunde und Berichte über Behandlungsmaßnahmen (Medikation, Operation etc.) betreffen. Der Klinikträger ist auch grundsätzlich gehalten, dem Patienten den Namen des ihn behandelnden Arztes mitzuteilen. Der Kläger brauchte aber zur Führung des Zivilprozesses nicht die Privatanschrift des Arztes, weil die Klageschrift unter der Klinikanschrift zugestellt werden konnte. Der Auskunftserteilung steht außerdem die datenschutzrechtliche Vorschrift des § 32 Abs. 1 Satz 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) entgegen. Die Regelung gestattet dem Arbeitgeber die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Daten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses. Der Arbeitgeber ist aber grundsätzlich nicht berechtigt, personenbezogene Daten, die für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses erhoben worden sind, an Dritte weiterzuleiten. Da die Daten für die Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses erhoben worden sind, ist die Übermittlung an Dritte nach dem für den Datenschutz geltenden Zweckbindungsgebot grundsätzlich als zweckfremde Verwendung ausgeschlossen. Eine Weiterleitung privater Kommunikationsdaten an Dritte bedarf vielmehr der Einwilligung des Betroffenen oder der besonderen Gestattung durch eine Rechtsvorschrift.“ (Urteil vom 20. Januar 2015 – VI ZR 137/14)
Der Schutz der Privatsphäre des Arztes hat somit Vorrang vor dem Informationsanspruch des Patienten, zumal dem hierdurch keinerlei Nachteil in seiner Rechtsverfolgung widerfahren ist.
Laura Quirmbach, LL.M. – Master of Laws (Medizinrecht), Rechtsanwältin, Fachanwältin für Medizinrecht