Rodler vs. Fußgänger: Kollision auf der Rodelbahn
Ein gemütlicher Abend auf der Almhütte mit deftigem Essen. Im Anschluss daran die Abfahrt ins Tal mit dem Rodelschlitten. Was so schön klingt, endete unschön – und warf heikle juristische Fragen auf.
Nach einem Almbesuch fuhr ein Mann mit seinem Schlitten ins Tal. Bei der Rodelbahn handelte es sich um einen Forstweg, den sowohl abfahrende Rodler als auch Fußgänger auf dem Weg nach oben nutzen. Die Strecke war durch eine Lichterkette schwach beleuchtet, der Mond schien. Plötzlich kollidierte der Schlittenfahrer mit einem Fußgänger. Wie genau es dazu kam, war strittig. Der genaue Unfallhergang konnte nicht mehr ermittelt werden.
Der Fußgänger, der sich erheblich verletzte, forderte Schadensersatz und Schmerzensgeld. Aus rechtlicher Sicht stellte sich daraufhin die Frage, wie schnell ein Rodler unterwegs sein darf, ohne gegen die im Verkehr erforderliche Sorgfalt zu verstoßen. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 StVO muss ein Anhalten innerhalb der überschaubaren Strecke möglich sein.
Die Beweisaufnahme vor dem Oberlandesgericht München ergab jedoch, dass der Rodler mehr als 20 km/h schnell war. Das werteten die Richter als Außerachtlassung der erforderlichen Sorgfalt. Bei diesem Tempo sei ein sicheres Anhalten im Ernstfall nicht mehr möglich. Der Rodler hätte langsamer fahren müssen, zumal er auf der Strecke mit Fußgängern rechnen musste.
Kein Mitverschulden wegen fehlender Stirnlampe
Darüber hinaus verneinten die Richter ein Mitverschulden des Fußgängers, der keine Stirnlampe getragen hatte. Eine Stirnlampe habe bei Dunkelheit nicht nur Vorteile, argumentierten sie. In ihrem Lichtkegel sehe man zwar gut, doch außerhalb des Lichtkegels praktisch nichts.
Deshalb brauchte der Fußgänger keine Stirnlampe zu tragen, um selbst besser zu sehen – und auch nicht, um selbst besser gesehen zu werden, so die Richter: Die Nacht sei mondhell und die Rodelbahn zumindest schwach durch eine Lichterkette beleuchtet gewesen. Unter diesen Umständen durfte der Fußgänger davon ausgehen, von entgegenkommenden Rodlern rechtzeitig bemerkt zu werden.
Der Rodel-Raudi musste folglich für den entstandenen Schaden aufkommen (Urteil des OLG München vom 23.02.2022, 7 U 195/21). Glücklicherweise verfügte er über eine private Haftpflichtversicherung, die einsprang.
Rechtsanwältin Melanie Mathis, Fachanwältin für Verkehrsrecht