Hilfsmittel – Unterstützung für Unfallopfer und geschädigte Patienten
Querschnittlähmung oder eine Prothese nach dem Verlust eines Arms oder Beins. Für Betroffene stellen sich plötzlich viele Fragen:
Wer nach einem Unfall oder Behandlungsfehler einen schweren körperlichen Schaden davonträgt, ist für den Rest seines Lebens auf Hilfsmittel angewiesen wie z.B. einen Rollstuhl bei einer- Was gehört zu den Hilfsmitteln?
- Wer übernimmt die Kosten?
- Wie bekommt man die Hilfsmittel?
Die Antworten gibt Rechtsanwalt Paul-Albert Schullerus, Fachanwalt für Sozialrecht.
Hilfsmittel – was ist das und was gehört dazu?
Hilfsmittel sind bewegliche Geräte oder Gegenstände, die dazu dienen
- den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern,
- einer drohenden Behinderung oder Pflegebedürftigkeit vorzubeugen oder
- eine bereits vorhandene Behinderung oder Pflegebedürftigkeit auszugleichen.
Mit dem Inkrafttreten des „Digitale Versorgungs-Gesetz“ (DVG) gehört inzwischen auch die Versorgung mit digitalen Gesundheitsanwendungen zu den Hilfsmitteln, z.B. Gesundheits-Apps zum Messen des Blutzuckerwertes.
Zu den Hilfsmitteln gehören u.a. :
- Sehhilfen und Hörgeräte
- Prothesen
- Bandagen und Orthesen
- Rollstühle, Rollatoren
- Gehhilfen
- Inkontinenzhilfen und Einlagen
- Kompressionsstrümpfen sowie spezielle Anzieher (aber auch für Strümpfe und Socken)
- Spritzen oder Applikationshilfen für bestimmte Medikamente
- Inhalationsgeräte
- Orthopädische Schuhe und Einlage
- Messgeräten (z.B. Blutzucker oder Blutdruck)
- Krankenbetten bzw. behindertengerechten Betten (jedoch kein Pflegebett, da hierfür die Pflegekasse zuständig ist)
- Dreirad bzw. behindertengerechtes Fahrrad sowie Fahrrad-Rollstuhl-Kombination
- Farberkennungsgeräte (bei blinden Menschen)
- optische Ruf-Anlagen als Babyfon (bei tauben Menschen)
Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens, die von vielen Menschen genutzt werden, gehören der Regel nicht zu den Hilfsmitteln.
Eine genaue Übersicht finden sie im Webportal Hilfsmittelverzeichnis des Verbands der Gesetzlichen Krankenversicherung
Wer übernimmt die Kosten für Hilfsmittel?
Die Frage nach der Zuständigkeit der Kostenübernahme ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Neben der Krankenkasse, die Anlaufstelle Nummer ein ist, können auch andere Kostenträger zuständig sein.
Bei einem Arbeitsunfall oder einem Wegeunfall übernimmt die Berufsgenossenschaft bzw. die Unfallversicherung die Kosten für Hilfsmittel.
Ist z.B. bei einer Querschnittlähmung ein spezieller Rollstuhl notwendig, der auf die Bedürfnisse am Arbeitsplatz abgestimmt ist, kann auch die gesetzliche Rentenversicherung, die Bundesagentur für Arbeit oder das Integrationsamt für die Kostenübernahme in Frage kommen.
Müssen das Hauses oder die Wohnung behindertengerecht umgebaut werden oder wird ein behindertengerechten Fahrzeug benötigt, kommen wiederum unterschiedliche Kostenträger ins Spiel, abhängig von der beruflichen Situation (Angestellt, Selbstständig, Beamter).
Wichtig: Bei der Vielzahl möglicher Kostenträger kann man leicht den Überblick verlieren. Stellt man den Antrag auf ein Hilfsmittel beim falschen Träger, führt das nicht gleich zur Ablehnung. Der nicht zuständige Träger muss den Antrag an den zuständigen Träger weiterleiten. Hierzu ist er gesetzlich verpflichtet.
Wie bekommt man ein Hilfsmittel?
Benötigt man z.B. einen Rollstuhl, ein Messgerät, ein Krankenbett oder ein anderes Hilfsmittel, muss dieses von einem Arzt verordnet werden. Kommt nur ein bestimmtes Hilfsmittel in Frage, sollte der Arzt das auf der Verordnung/Rezept auch so vermerken bzw. genau benennen.
Mit dieser Verordnung geht man zu seiner Krankenkasse oder dem jeweils zuständigen Kostenträger. Diese entscheiden über die Bewilligung und können auch möglichen Lieferanten für das Hilfsmittel mitteilen.
Man kann sich mit der Verordnung bzw. dem Rezept des Arztes auch direkt an ein Sanitätshaus oder einen Lieferanten wenden, um sich vor Ort z.B. ein bestimmtes Modell eines Rollstuhls auszusuchen. Das Sanitätshaus bzw. der Lieferant reicht dann alle Unterlagen inkl. Verordnung/Rezept beim Kostenträger ein und beantragt die Kostenübernahme. Ein Sanitätshaus kann auch Vorschläge dazu machen, wie die Verordnung richtigerweise lauten muss. Bei Hörgeräten oder Sehhilfen wären z.B. Optiker oder Hörgeräteakustiker der richtige Ansprechpartner.
Wenn Hilfsmittel z.B. repariert werden müssen, wenn Betriebskosten dafür anfallen, eine Ausbildung bei Gebrauch des Hilfsmittels notwendig ist oder Hilfsmittel gewartet und kontrolliert werden müssen, werden diese Kosten von den Krankenkassen und anderen Kostenträgern meist auch übernommen.
Sollte der zuständige Kostenträger das Hilfsmittel ablehnen, kann man dagegen Widerspruch einlegen oder bei einem abgelehnten Widerspruch auch vor dem Sozialgericht klagen.
Paul-Albert Schullerus, Fachanwalt für Sozialrecht