Hemmung der Verjährung aus familiären und ähnlichen Gründen
Ansprüche eines durch einen Verkehrsunfall Geschädigten gegenüber dem Schadensverursacher und dessen Haftpflichtversicherung verjähren normalerweise nach drei Jahren. Es gibt jedoch eine Ausnahmeregelung, die die Verjährung aus familiären und ähnlichen Gründen hemmt (§207 BGB). Das Gesetz berücksichtigt die besondere Beziehung von Familienmitgliedern untereinander.
Herr F. ist mit dem Auto unterwegs, seine Frau sitzt auf dem Beifahrersitz, die 16-jährige Tochter auf dem Rücksitz. Es kommt zu einem Unfall, den Herr F. verschuldet und bei dem alle Insassen zum Teil schwer verletzt werden. Die Ehefrau und das Kind können in diesem Fall Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche gegenüber Herrn F. geltend machen, auf die beide jedoch aufgrund der familiären Verhältnisse verzichten.
Vier Jahre später möchte die Tochter in eine eigene Wohnung ziehen und benötigt hierfür Geld. Da fällt ihr ein, dass sie ja aus dem Unfall noch Ansprüche gegen ihren Vater hatte, und macht sie geltend. Der jedoch wendet ein, dass die Ansprüche, sollten sie tatsächlich bestehen, bereits verjährt seien.
Grundsätzlich ist es so, dass Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld nach drei Jahren verjähren, falls der Geschädigte sie nicht geltend macht. Wird innerhalb dieser drei Jahre über das Bestehen und die Höhe der Ansprüche verhandelt, ist die Verjährung während der Dauer der Verhandlungen gehemmt, sie „ruht“ also.
Ausnahme: Besondere Beziehungen zwischen Schädiger und Geschädigtem
Doch auch wenn die Ansprüche nicht geltend gemacht werden, kann die Verjährung auf Grund besonderer Beziehungen zwischen Schädiger und Geschädigtem ausnahmsweise gehemmt sein. Eine solche besondere Beziehung besteht zwischen Ehegatten, Lebenspartnern und auch zwischen dem Kind und seinen Eltern bzw. dem Ehegatten oder Lebenspartner eines Elternteils. Da der Gesetzgeber vermeiden möchte, dass diese familiären Verbindungen durch Rechtsstreitigkeiten belastet werden, ist die Verjährung, solange die Ehe bzw. die Lebenspartnerschaft besteht, gehemmt.
Hat ein Kind Ansprüche gegen die Eltern oder gegen den Ehegatten bzw. Lebenspartner eines Elternteils, ist die Verjährung bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres des Kindes ebenfalls gehemmt, so dass die regelmäßige Verjährungsfrist erst ab diesem Zeitpunkt beginnt. Das Kind kann also die Ansprüche noch bis zur Vollendung seines 24. Lebensjahres gegenüber den Eltern geltend machen.
Die Hemmung gilt auch für Ansprüche zwischen dem Vormund und dem Mündel während der Dauer des Vormundschaftsverhältnisses, dem Betreuten und dem Betreuer während der Dauer des Betreuungsverhältnisses und dem Pflegling und dem Pfleger während der Dauer der Pflegschaft.