„Den Unfallgegner trifft kein Verschulden“ – Gefährdungshaftung im Straßenverkehr
„Den Unfallgegner trifft kein Verschulden“ – eine Aussage, die für Geschädigte auf den ersten Blick niederschmetternd zu sein scheint, denn wer kommt in einem solchen Fall für den Unfallschaden auf?
In solchen Fällen greift in der Regel die sogenannte „Gefährdungshaftung“ des § 7 StVG (Straßenverkehrsgesetz), eine wichtige Grundlage für Schadensersatzansprüche im Rahmen einer KFZ-Versicherung. Auch wenn ein Unfall nicht auf das Verschulden einer Person zurückzuführen ist, haben Geschädigte Anspruch auf Entschädigung.
Das Fahrzeug als Gefahrenquelle
Hintergrund ist, dass in den Augen des Gesetzgebers alleine schon die Inbetriebnahme eines Fahrzeuges eine besondere Gefahrenquelle für die Umwelt darstellt. Für daraus entstehende Schäden muss der Fahrer bzw. der Halter die Verantwortung übernehmen. Kommt es zu einem Unfall, weil beispielsweise die Bremsen des Fahrzeuges versagen oder ein Reifen platzt, haftet der Halter des Fahrzeuges bzw. dessen Kfz-Versicherung, obwohl ihn keine Schuld trifft.
Der Unfall muss sich lediglich „beim Betrieb“ des Fahrzeuges ereignet haben, der – so die juristische Definition – alle Vorgänge umfasst, die in einem örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Eigenschaft des Fahrzeugs als einer fahrenden bzw. dem Verkehr dienenden Maschine stehen.
Läuft beispielsweise ein Hund aus einem verunglückten Fahrzeug auf die Fahrbahn und wird dort von einem zweiten Fahrzeug erfasst und gegen ein drittes Fahrzeug geschleudert, das dadurch beschädigt wird, ist dies immer noch dem Betrieb des Fahrzeuges zuzurechnen, aus dem der Hund entlaufen ist. Der Halter haftet für entstandene Schäden. (BGH, in VersR 1988,640 (VI.ZR 168/87))
Springt dagegen ein Hund aus einem geparkten Auto, dessen Scheibe offen ist, und verursacht einen Unfall, greift die Gefährdungshaftung nicht. In diesem Fall kommt eine Haftung des Tierhalters in Betracht.
Wann die Gefährdungshaftung nicht greift
Die Gefährdungshaftung greift nicht, wenn ein Unfall durch höhere Gewalt oder ein unabwendbares Ereignis ausgelöst wird.
Ein unabwendbares Ereignis liegt vor, wenn ein Fahrer auch bei absolut korrekter, fehlerfreier Fahrweise den Unfall nicht voraussehen, geschweige denn verhindern kann. Erleidet er z.B. während der Fahrt einen Herzinfarkt und verursacht deswegen einen Unfall, ist das ein unabwendbares Ereignis und der Unfallgegner hat keinen Anspruch gegenüber dem Unfallverursacher.
Die höhere Gewalt ist ein eher theoretischer Fall, da man mit umstürzenden Bäumen, Schlammlawinen, Erdbeben und sogar Vulkanausbrüchen rechnen muss.
Eine wichtige Ausnahme gibt es allerdings: Mitfahrer und nicht motorisierten Verkehrsteilnehmer wie Fußgänger und Radfahrer sind praktisch immer, auch in Fällen höherer Gewalt und bei einem unabwendbaren Ereignis, durch die Gefährdungshaftung abgesichert.