Fortschritt in der modernen Medizin – Segen oder Fluch?
Die Süddeutsche Zeitung hat über Fluch und Segen des Fortschritts in der modernen Medizin berichtet: Wenn Medizin schädlich wird
Der Artikel zeigt eindrucksvoll, welchen Einfluss Fortschrittsdenken, technische Innovationen und finanzielle (Fehl-)Anreize auf die Qualität der medizinischen Behandlung von Patienten haben. Insbesondere wenn alle drei Faktoren zusammentreffen, kann es zu unnötigen Behandlungen, Überdiagnosen und so genannten Übertherapien kommen. Über die möglichen und schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen in diesem Zusammenhang wird nur am Rande berichtet.
Choosing wisely – Klug entscheiden
„Mittlerweile haben mehr als 60 medizinische Fachgesellschaften 500 Verfahren aufgelistet, die unterbleiben sollten – darunter unnötige Bluttests, Bestimmungen von ‚Biomarkern‘, Hirn-Scans nach banalen Stürzen, Antibiotika bei viralen Infekten und Nebenhöhlenentzündungen, Gelenkspiegelungen ‚zur Orientierung‘ und vieles mehr.“
Diesem Ansatz liegt die sogenannte „Choosing wisely“-Empfehlung zugrunde, die zwar keine international anerkannte Behandlungsleitlinie darstellt, aber dennoch eine hohe Akzeptanz in medizinischen Fachkreisen genießt. In Deutschland wurde die Initiative übrigens 2015 von der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin unter dem Namen „Klug-Entscheiden“ ins Leben gerufen.
„Unter dem Stichwort ‚Choosing Wisely‘ haben Ärzte Listen erstellt und Empfehlungen gegeben, welche Untersuchungen und Therapien besser unterlassen werden sollten, weil sie zumindest für die Patienten keinen Nutzen haben.“
Kathetergestützte Gefäßverödung bei Bluthochdruck, Hüftoperationen mit dem so genannten RoboDoc-Operationsroboter, Nierenentfernungen mit dem OP-Roboter sind die bekanntesten Beispiele dafür, wie vermeintlicher Fortschritt in der Medizin den Patienten mehr schaden als nützen kann.
Das Problem der ordnungsgemäßen Aufklärung
Für einen Haftungsfall im medizinischen Bereich müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein:
- Selbstbestimmte Entscheidung des Patienten nach ordnungsgemäßer Aufklärung
Der Patient muss nach umfassender Aufklärung über Risiken und Alternativen selbst entscheiden, ob er die Behandlung wünscht. - Unzureichend überlegte Entscheidung des Arztes
Der behandelnde Arzt muss eine nicht ausreichend überlegte Entscheidung getroffen haben.
Sollen neue, innovative Methoden oder nicht zugelassene Medikamente eingesetzt werden, ist eine besonders sorgfältige Aufklärung des Patienten erforderlich. Der Patient muss darüber informiert werden, dass „unbekannte Risiken“ auftreten können, die noch nicht erforscht sind. In solchen Fällen kann der Arzt oft wenig über die Häufigkeit möglicher Folgen sagen.
Diese Situation kann für den Patienten einen schwerwiegenden Entscheidungskonflikt darstellen, insbesondere wenn es etablierte Behandlungsalternativen gibt. Der Arzt muss den Patienten auch über solche Alternativen informieren.
Es ist davon auszugehen, dass in den meisten Haftungsfällen eine solche umfassende Aufklärung nicht erfolgt ist.
Hartwig Bauer, langjähriger Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie, erinnert sich an den Hype vor einigen Jahren um den „Robo-Doc“, der Hüftoperationen präziser durchführen sollte. „Die Operation hat Kollege Roboter gut hinbekommen, aber für den Eingriff musste die Hüfte der Patienten so überstreckt werden, dass sie Nervenschäden davontrugen. Roboter-Hinken hieß das, wenn wir jemanden damit durch die Klinik humpeln sahen“, sagt der ehemalige Chefarzt. „Inzwischen stehen die Roboter in den Kliniken im Keller.“
REDAKTION GEBURTSSCHADENSRECHT
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