Behandlungsfehler: Keine Chance gegen Ärzte?
Ein Behandlungsfehler liegt immer dann vor, wenn ein Arzt gegen die Regeln und Standards der ärztlichen Wissenschaft verstößt oder wenn er einen Eingriff, also eine Operation oder Ähnliches, ohne Einwilligung des Patienten vornimmt. Denn grundsätzlich ist jeder ärztliche Eingriff eine Körperverletzung, die nur deshalb nicht strafbar ist, weil der Patient zuvor in den Eingriff eingewilligt hat. Eine ohne Einwilligung vorgenommene Operation führt – weil rechtswidrig – daher grundsätzlich zum Schadenersatz.
Doch nicht jeder Behandlungsfehler führt zum Schadenersatz für den geschädigten Patienten, denn das ärztliche Handeln ist lediglich ein Dienstvertrag. Der Arzt schuldet keinen bestimmten Erfolg (z.B. die Gesundheit), er schuldet sorgfältiges Vorgehen. Das Leben eines Menschen und dessen Gesundheit ist nun einmal risikobehaftet, d.h. viele Erkrankungen und Folgen können von den Ärzten nicht beherrscht werden und sind einfach schicksalhaft.
Wenn ein Behandlungsfehler festgestellt ist, muss als Nächstes der Schaden gefunden werden, der durch den Fehler entstanden ist, denn nicht jeder Fehler führt auch zu einem Schaden. Selbst wenn ein Fehler vorliegt und auch ein Schaden, muss zwischen beiden eine ursächliche Verknüpfung bestehen, damit Schadensersatz gezahlt wird. Der Fehler muss also für den Schaden verantwortlich sein.
Keine Chance gegen Ärzte?
Die häufig anzutreffende Auffassung, dass ein Patient nach einem Behandlungsfehler keine Chance hat, gegen Ärzte vorzugehen, trifft nicht zu. Durch das geschärfte Bewusstsein der Öffentlichkeit und die Entwicklung der Rechtsprechung haben sich die Möglichkeiten für den Patienten in den letzten Jahren deutlich gebessert. Wenn ein Behandlungsfehler, ein Gesundheitsschaden und die Verknüpfung zwischen beiden nachgewiesen wurde, kommt allerdings noch ein weiteres Hindernis für den Patienten ins Spiel: die Beweislast. Beweislast bedeutet: Wer muss den Fehler und die Zusammenhänge zwischen Fehler und Schaden beweisen? Denn nur wenn feststeht, dass genau dieser Fehler genau diesen Schaden verursacht hat, erhält der Patient Schadenersatz.
Beweislast und Beweislastumkehr
Grundsätzlich liegt die Nachweispflicht hierfür – also die Beweislast – beim Patienten, und damit hat er zunächst einmal die schlechteren Karten gegenüber den Ärzten.
Diese Benachteiligung hat der Bundesgerichtshof schon vor mehr als 40 Jahren erkannt und Spezialregeln aufgestellt, die die Beweislast für den Patienten erleichtern. Immer dann, wenn ein grober Behandlungsfehler vorliegt oder wenn der Arzt es versäumt hat, dringend notwendige Diagnostik zu betreiben, also Befunde zu erheben, dreht sich die Beweislast zu Gunsten des Patienten um. Jetzt muss nicht der Patient beweisen, dass der Fehler den Schaden verursacht hat, sondern der Arzt muss beweisen, dass auch bei sachgerechter und richtiger Vorgehensweise der Patient unter dem gleichen Schaden zu leiden hätte.
Derjenige, der die Beweislast trägt, ist immer im Nachteil. Kommt es also zu einer Beweislastumkehr für den Patienten, so hat er im Prinzip gewonnen und erhält Schadenersatz, weil der Arzt nicht, oder nur in ganz wenigen Ausnahmefällen beweisen kann, dass der gleiche Schaden auch ohne Fehler eingetreten wäre.
Vermutet man einen Behandlungsfehler, sollte grundsätzlich ein Fachanwalt für Medizinrecht mit der Wahrnehmung der Interessen beauftragt werden, denn der verfügt über die notwendigen juristischen und auch medizinischen Kenntnisse. Er klärt über alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten auf und kann das für den Mandanten beste Ergebnis erreichen.