Behandlungsfehler bei Kindern in der Notaufnahme
Anfang 2019 berichteten die Medien über ein vierjähriges bulgarisches Kind, das in einem Kölner Krankenhaus behandelt wurde und wenige Tage später verstarb.
Die Eltern werfen den Ärzten der Klinik vor, dass ein Behandlungsfehler zum Tod des Kindes geführt habe. Es wird berichtet, dass die Eltern mit ihrem Kind in der Notaufnahme des Krankenhauses erschienen. Der Arzt vermutete eine harmlose Virusinfektion und schickte die Familie mit dem Rat nach Hause, dem Kind Ibuprofen zu geben, abzuwarten und dann zum Kinderarzt zu gehen. Nach Angaben der Eltern hatte das Kind zu diesem Zeitpunkt bereits 40 Grad Fieber.
Zu Hause verschlechterte sich der Zustand des Kindes zusehends und die Eltern fuhren mit ihrer Tochter drei Tage später, am ersten Weihnachtsfeiertag, in eine andere Klinik. Zwei Stunden später starb das Kind. Derzeit ermittelt die Staatsanwaltschaft und erhofft sich von der angeordneten Obduktion Aufschluss über die Todesursache.
Die Bedeutung von Dokumentation und Gedächtnisprotokoll
Bei Verdacht auf einen Behandlungsfehler ist es wichtig, die Behandlungsunterlagen einzusehen und sowohl medizinisch als auch juristisch zu bewerten. Die Anforderung der Behandlungsunterlagen steht daher in unserer täglichen Arbeit am Anfang jeder Mandatsbearbeitung. Hilfreich ist es auch, ergänzende Behandlungsunterlagen anzufordern. Besonderen Wert legen wir auf ein Gedächtnisprotokoll der Eltern über die Geschehnisse.
Gerade bei Kindern kommt es immer wieder vor, dass Untersuchungen ausbleiben und damit eine notwendige Diagnostik unterbleibt. Oder es wird mangels ausreichender Daten aus Untersuchungen eine falsche Diagnose gestellt, die wiederum zu einer falschen Therapie führt. Dies liegt häufig daran, dass vor allem kleine Kinder sich noch nicht gut mitteilen und manchmal auch nicht beschreiben können, wo genau es weh tut. Schon aus diesem Grund sind sie in der medizinischen Versorgung benachteiligt. Die Eltern, die das Verhalten ihrer Kinder oft sehr gut deuten können, werden von manchen Ärzten nicht beachtet oder nicht angehört.
Wenn notwendige Untersuchungen unterbleiben, vergeht oft wertvolle Zeit, in der die Gesundheit des Kindes irreparabel geschädigt werden kann, selbst wenn später die richtige Diagnose gestellt wird. Behandlungsfehler können auch dann auftreten, wenn der Arzt das Kind und seine Eltern nicht kennt und es sich um eine ungewöhnliche Situation oder einen Notfall handelt.
Werden Untersuchungen unterlassen, die für die Diagnosestellung notwendig sind, spricht der Jurist von einem sogenannten Befunderhebungsfehler.
Ob es sich um einen einfachen oder gar groben Befunderhebungsfehler handelt, kann erst nach eingehender medizinischer Begutachtung und juristischer Prüfung beurteilt werden.
Schmerzensgeld und Schadensersatzansprüche bei Kindern
Was für Erwachsene gilt, gilt auch für unsere kleinen Mandanten: Liegt ein Behandlungsfehler vor, der einen Gesundheitsschaden zumindest mitverursacht hat, steht den Kindern nicht nur Schmerzensgeld zu. Sie haben auch Anspruch auf weitere Schadensersatzleistungen, wie zum Beispiel den Pflegemehraufwand, den Ersatz sonstiger vermehrter Bedürfnisse, den Ersatz von Fahrtkosten, Hilfsmittel und Medikamente, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden. Gegebenenfalls haben Sie auch Anspruch auf Ersatz des Verdienstausfalls.
Da Kinder mit einem schweren Gesundheitsschaden oft die gleiche Lebenserwartung haben wie gleichaltrige gesunde Kinder, ist es – wenn die Haftung des Arztes/Krankenhauses feststeht – umso wichtiger, zumindest die finanzielle Zukunft abzusichern, auch wenn der ursprüngliche Gesundheitszustand nicht wiederhergestellt werden kann.
Gerade bei Kindern sind Besonderheiten zu beachten, die die Fallbearbeitung von der bei Erwachsenen unterscheidet. In rechtlicher Hinsicht sind einige Besonderheiten zu beachten, die sich häufig auch in der Höhe des zugesprochenen Schadenersatzes niederschlagen.
Schmerzensgeld für Hinterbliebene
Im traurigen Fall des kleinen bulgarischen Mädchens können die Eltern ein Hinterbliebenenschmerzensgeld nach der neuen Regelung des § 844 Abs. 3 BGB geltend machen. Ein eigener Schmerzensgeldanspruch der Eltern wird von der Rechtsprechung nur dann bejaht, wenn eine gesundheitliche Beeinträchtigung vorliegt, die deutlich über das normale Maß der Trauer hinausgeht. Es muss eine Gesundheitsbeeinträchtigung von einigem Gewicht festgestellt werden.
Zum Schmerzensgeld kommen die Beerdigungskosten des Kindes und je nach Einzelfall weitere Schadenspositionen hinzu.
Die Eltern benötigen psychologische Hilfe und seelsorgerischen Beistand, um mit dem schweren Verlust umgehen zu lernen.
REDAKTION GEBURTSSCHADENSRECHT
Wir sind spezialisiert auf die Bearbeitung von Geburtsschadensfällen.
Mit langjähriger Erfahrung und fundiertem Fachwissen setzen wir uns engagiert für die Rechte von Familien ein, deren Kinder durch Geburtshilfefehler geschädigt wurden. Unsere Expertise umfasst die umfassende rechtliche Beratung, die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen und die Begleitung durch komplexe medizinrechtliche Verfahren. Vertrauen Sie auf unsere Kompetenz und Sensibilität in dieser besonders anspruchsvollen Rechtsmaterie.