Wie objektiv und unabhängig sind Gutachter?
Einige unserer Mandanten haben uns auf einen kritischen ARD-Beitrag zum Thema „Gutachten – Entscheidend in vielen Schadensersatz-Prozessen“ hingewiesen. Deshalb möchte ich darauf kurz eingehen.
Sachverständige – Richter in Weiß
Ja, bei einem Schadensersatzprozess kommt es häufig maßgeblich und entscheidend auf Sachverständigengutachten an. Deshalb werden die Sachverständigen auch oft als „Richter in Weiß“ bezeichnet.
Ja, nicht alle Sachverständige sind objektiv und unabhängig, einige Sachverständige stehen in wirtschaftlicher Abhängigkeit der Versicherungswirtschaft. Deshalb kommt es immer wieder zu falschen Gutachten zu Lasten der Geschädigten.
Aber nein, dabei sind die Geschädigten nicht hilflos. Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten, gegen ein Gerichtsgutachten vorzugehen, wenn Zweifel an der Objektivität des Sachverständigen bestehen:
- Ein Privatgutachten (verkehrsunfallanalytisch, medizinisch oder zur Frage eines Behandlungsfehlers über den MDK der Krankenkasse);
- Befangenheitsantrag gegen den Sachverständigen (§ 406, 42 II, 44 ZPO);
- Beantragung eines neuen gerichtlichen Sachverständigengutachtens (§ 412 ZPO);
- Verklagung des Sachverständigen (§ 839a BGB) bei Nachweis von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit.
Geplante Gesetzesänderung zur Sachverständigenauswahl
Darüber hinaus plant die Bundesregierung eine Gesetzesänderung des § 404 ZPO, der die Sachverständigenauswahl regelt. Denn schon im Koalitionsvertrag vom 16.12.2013 heißt es: „(…) Wir wollen außerdem die Neutralität gerichtlich beigezogener Sachverständiger gewährleisten und in Zusammenhang mit den Berufsverbänden die Qualität von Gutachten (…) verbessern.“
Ich hatte im letzten Jahr anlässlich meiner Anfrage beim zuständigen Referat RA2 des Bundesministerium der Justiz (BMJ) die Auskunft erhalten, dass mit einem Eckpunktepapier noch im Sommer 2014 zu rechnen sei. Etwa zeitgleich mit dem ARD-Beitrag habe ich eine erneute Anfrage gestellt. Wir haben dem BMJ auch unsere rechtliche Praxis-Beratung angeboten, da wir bereits an jedem Deutschen Land- und Oberlandesgericht Sachverständigenbefragungen durchgeführt haben und so über einen differenzierten Überblick hinsichtlich der Begutachtungssituation in Deutschland verfügen. Über den Lauf der Gesetzesänderung werde ich weiter berichten.