Mitverschulden: Unfallanalytische Gutachten und haftungsrechtliche Grundlagen
Um den genauen Hergang eines Verkehrsunfalls zu klären, ist es in der Regel sinnvoll, ein unfallanalytisches Gutachten einzuholen. Der Unfallanalytiker kann durch seine Berechnungen und sonstigen Feststellungen den Unfallhergang technisch rekonstruieren. Zudem ist ein unfallanalytisches Gutachten wesentlich aussagekräftiger als Zeugenaussagen.
Rechtliche Würdigung des unfallanalytischen Gutachtens
Liegt das Ergebnis des unfallanalytischen Gutachtens vor, muss es noch rechtlich bewertet werden. Ein Problem, das sich dabei in der Praxis bei Unfällen zwischen einem Kraftfahrzeug und einem Fußgänger oder Radfahrer stellt, ist die Klärung der Frage, ob dem Fußgänger oder Radfahrer ein Mitverschulden anzulasten ist.
Grundsätzlich haftet der Halter des Kraftfahrzeugs gemäß § 7 Abs. 1 StVG allein aufgrund der von seinem Fahrzeug ausgehenden Betriebsgefahr. Hiervon ausgenommen sind Unfälle, die durch höhere Gewalt verursacht werden, was jedoch eher selten der Fall ist.
Einwand des Mitverschuldens
Der Versicherer kann jedoch eine Begrenzung der Haftungsquote erreichen, indem er ein Mitverschulden des Fußgängers oder Radfahrers einwendet. Das Mitverschulden wird in solchen Konstellationen häufig auf die Feststellungen eines Unfallsachverständigen gestützt. Hier ist jedoch genau zu prüfen, welche Aussage der Unfallgutachter in seinem Gutachten tatsächlich getroffen hat und welche Rechtsfolge sich daraus ergibt. Häufig sind die Einzelheiten des Unfallgeschehens nicht zweifelsfrei feststellbar und der Unfallanalytiker gibt in seinem Gutachten an, welchen Hergang er für wahrscheinlich hält.
Mitverschuldensanteil muss feststehen
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) reicht dies für eine Kürzung der Haftungsquote jedoch nicht aus. Der BGH verlangt bei einem Unfall zwischen einem Kraftfahrzeug und einem Fußgänger oder Radfahrer, dass der unfallursächliche Mitverschuldensanteil des Fußgängers oder Radfahrers feststeht. Er verlangt insoweit den sogenannten Vollbeweis des Kraftfahrzeughalters. Wenn also mehrere Möglichkeiten bestehen und der Sachverständige eine davon als die wahrscheinlichste bezeichnet, handelt es sich um eine Vermutung des Sachverständigen. Der Verursachungsbeitrag steht damit gerade nicht fest, so dass auch die Haftungsquote nicht wegen Mitverschuldens gekürzt werden kann.
Fazit
Der Unfallanalytiker trifft Feststellungen zum Unfallhergang. Die rechtliche Beurteilung der Haftungslage muss durch einen Juristen erfolgen. Es ist konkret zu prüfen, ob aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen tatsächlich eine Kürzung der Haftungsquote wegen Mitverschuldens vorzunehmen ist.
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