10-Punkte-Plan gegen Krankenhaus-Keime
Es ist sehr begrüßenswert, dass sich die Politik endlich mit der Gefahr resistenter Erreger auseinandersetzt. Denn nach Angaben der Regierung kommt es im Zuge von medizinischen Behandlungen zu jährlich ca. 400.000 bis 600.000 Infektionen mit Krankenhaus-Keimen, wobei die Dunkelziffer jedoch deutlich höher sein dürfte.
10.000 bis 15.000 Menschen sterben jährlich an der Infizierung mit multiresistenten Keimen. Dabei ist ein Teil der Infektionen mit Krankenhaus-Keimen vermeidbar.
Bisher keine konsequente Umsetzung von Hygienestandards
In den Niederlanden, Schweden und Norwegen gibt es eine deutlich geringere Infektionsrate z.B. mit dem mit MRSA-Keim. Die Niederlande haben das Problem bereits in den achtziger Jahren erkannt und entsprechende Maßnahmen eingeleitet. Dazu zählen u. a. die konsequente Umsetzung von Hygienestandards, die strikte Isolierung von Risikopatienten und die weitere Überwachung der mit Keimen besiedelten Patienten auch außerhalb der Kliniken.
An einem solch strikten Konzept fehlt es in Deutschland noch immer, trotz deutlicher Bemühungen um Verbesserung in den letzten Jahren.
Nach der Kieler Universitätsklinik steht derzeit ganz aktuell ein Düsseldorfer Krankenhaus wegen einer Häufung von Infektionen mit resistenten Keimen im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Dort wurde bei 13 frühgeborenen Säuglingen auf der Kinderintensivstation der VRE-Keim nachgewiesen. Dieser Keim ist in erster Linie für abwehrgeschwächte Patienten sehr gefährlich und zudem resistent gegen viele Antibiotika. Es handelt sich dabei um einen gefürchteten nosokomialen Problemkeim. Die Infektionsquelle konnte bislang noch nicht ausgemacht werden.
Diese Fälle zeigen deutlich, wie wichtig es ist, auch in Deutschland das Problembewusstsein in Bezug auf Hygienemaßnahmen und die Bekämpfung resistenter Erreger deutlich zu erweitern.
Der 10-Punkte-Plan
Der 10-Punkte-Plan des Gesundheitsministeriums beinhaltet folgende Punkte:
- Verhinderung der Ausbreitung multiresistenter Erreger
- Weiterer Ausbau der Hygienestandards in allen Einrichtungen
- Bessere Information zur Hygienequalität in Krankenhäusern
- Verschärfung der Meldepflichten zur Früherkennung resistenter Erreger
- Verpflichtende Fortbildung des medizinischen Personals
- Versorgungsforschung zur Vermeidung nosokomialer Infektionen verbessern
- Stärkung des „One-Health“-Gedanken: Aktualisierung der Deutschen Antibiotika-Resistenzstrategie
- Ermöglichung der Forschung und Entwicklung neuer Antibiotika (Pharmadialog)
- Nutzung der Deutschen globalen Gesundheitspolitik zur Bekämpfung von Antibiotika-Resistenzen
- Bekämpfung der Antibiotika-Resistenzen durch Kooperation der G-7-Staaten
Leider fehlt es bislang noch an Vorschlägen für eine vernünftige Finanzierung dieser Maßnahmen. Auch müssen weitere wichtige Reformschritte eingeleitet werden. Die Bundesärztekammer fordert, dass die Strukturen im Bereich der Krankenhaushygiene u. a. durch den Ausbau von Lehrstühlen und Instituten gefördert werden müssen, so dass ausreichend qualifizierte Fachärzte für Hygiene und Umweltmedizin sowie für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie zur Verfügung stehen.
Seit dem Jahr 2011 gibt es eine strukturierte Fortbildung „Krankenhaushygiene“. Diese Fortbildungsmöglichkeit wurde jedoch von der Bundesärztekammer nur als Übergangslösung eingeführt, um kurzfristig und flächendeckend genügend Ärzte in der Krankenhaushygiene zu qualifizieren. Es muss endlich eine dauerhafte Lösung und damit eine dauerhafte Reform folgen.
Der 10-Punkte-Plan ist ein sinnvoller und vernünftiger Schritt in die richtige Richtung, eine zukünftige intensive und konsequente Weiterentwicklung ist aber dringend erforderlich.
Wir möchten darauf hinweisen, dass unsere Kanzlei keine Mandate im Zusammenhang mit Krankenhauskeimen übernimmt. Diese Entscheidung beruht auf der Erfahrung, dass eine Beweisführung in solchen Fällen kaum möglich ist. Ein direkter Zusammenhang zwischen der Infektion und der Verantwortlichkeit des Krankenhauses lässt sich in den seltensten Fällen eindeutig nachweisen. Die Erfolgsaussichten sind daher in diesen Fällen sehr gering.