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Versicherungen

16.02.2023

Wenn die Versicherung nicht zahlen will ...

Rechtsanwalt Thomas Gfrörer
Thomas Gfrörer
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Richterhammer liegt auf einem Eisblock – sinnbildlich für „auf Eis gelegte“ Verfahren oder verschleppte juristische Entscheidungen

Warum Schmerzensgeld schnell gezahlt werden muss

ï»żSchmerzensgeld muss schnell gezahlt werden. Sobald die Haftung feststeht und der Schaden ĂŒberschaubar ist, muss die gegnerische Versicherung, wenn schon nicht die ganze Summe, dann zumindest hohe Abschlagszahlungen auf das Schmerzensgeld leisten. Denn nur dann, so die Rechtsprechung, kann das Schmerzensgeld seine Funktion, ein Ausgleich fĂŒr entgangene LebensqualitĂ€t und Lebensfreude zu sein, am besten erfĂŒllen.

Versicherungen spielen auf Zeit

Doch Versicherungen spielen gerne auf Zeit. Sie kommen ihrer Verpflichtung nicht immer nach, finden 1001 AusflĂŒchte, um nicht zahlen zu mĂŒssen - wie wir es einmal mehr in einem unserer aktuellen FĂ€lle erfahren mussten.

Doch das Landgericht Karlsruhe hat reagiert und mit Urteil vom 22.12.2016 (AZ: 7 O 20/12) das unangemessene und zögerliche Regulierungsverhalten dieser Versicherung mit einer drastischen Schmerzensgelderhöhung sanktioniert.

Der tragische Fall des kleinen S.

Die Mutter des kleinen S. wurde in der letzten Schwangerschaftswoche wegen extrem starker Blutungen als Notfall ins Krankenhaus eingeliefert. Bevor Ankunft des Krankenwagens, beseitigte die Mutter die sichtbaren Folgen der Blutung, so dass ihr Fall von der Ärztin nicht ernstgenommen wurde. Sie hat die Anzeichen einer Plazentaablösung nicht erkannt und den fĂ€lligen Notkaiserschnitt viel zu spĂ€t veranlasst.

Der SĂ€ugling kam mit schweren bleibenden SchĂ€den - einem Hirnödem und vollstĂ€ndigem Nierenversagen - zur Welt. Das Kind wird Zeit seines Lebens auf fremde Hilfe und Ă€rztliche Behandlung angewiesen sein. Es wird nie das Leben eines gesunden Gleichaltrigen fĂŒhren können. Nach dem ersten Schock und nachdem mehrere Gutachten den folgenschweren Behandlungsfehler eindeutig bestĂ€tigten, entschlossen sich die Eltern gegen die behandelnden Ärzte bzw. das Krankenhaus zu klagen.

Mauertaktik statt Menschlichkeit

Die Versicherung zeigte sich zwar nach außen vergleichsbereit, stieg jedoch nie ernsthaft in Vergleichsverhandlungen ein. Vielmehr torpedierte sie die Regulierung von Anfang an, hat die positiven Gutachten ignoriert und hat mehr als 6 Monate auf Anfragen ĂŒberhaupt nicht reagiert. Ein erneutes Einschalten des Gerichts half ebensowenig weiter wie ein neues positives Gutachten.

Verweigerung trotz Reduzierung der Forderung

Da das Kind sich zum GlĂŒck besser entwickelte, als zunĂ€chst angenommen, wurde das zu Beginn der Verhandlungen geforderte Schmerzensgeld von 350.000 Euro auf 160.000 bis 180.000 Euro reduziert. Doch auch das brachte kein Entgegenkommen der Versicherung. Nach Ausschöpfung der gesetzlichen Fristen teilte sie lapidar mit, man sei von der Haftung dem Grunde nach nicht ĂŒberzeugt, eine gĂŒtliche Einigung scheide aus.

Gericht reagiert auf entwĂŒrdigendes Verhalten

Bei der letzten Verhandlung im Dezember 2016 schĂ€tzten die drei Richterinnen des Landgerichts Karlsruhe die EinwĂ€nde der Versicherung als "teilweise derart unverstĂ€ndlich, dass sie nicht mehr als der Beklagten selbstverstĂ€ndlich zustehenden Maßnahmen der Rechtsverteidigung qualifiziert werden können" ein. Sie haben dieses entwĂŒrdigende Verhalten in ihrem Urteil als schmerzensgelderhöhend berĂŒcksichtigt. Statt der ursprĂŒnglich geforderten 160.000 bis 180.000 Euro verurteilten sie die Versicherung auf die Zahlung von 350.000 Euro Schmerzensgeld - nahezu eine Verdoppelung der geforderten Summe

Ein klares Signal gegen Verzögerungstaktiken

Dieser Fall zeigt einmal mehr, wie Versicherungen GeschĂ€digte in unverstĂ€ndlicher Weise hinhalten und ganz klar begrĂŒndete Zahlungen mit nicht nachvollziehbaren BegrĂŒndungen um viele Monate, teilweise auch um Jahre verzögern. Das Landgericht Karlsruhe hat hier deutliche Worte gesprochen und dieses Verhalten angemessen sanktioniert.

AnwaltsbĂŒro Quirmbach & Partner

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