Prozessfinanzierung – Was ist das?
Dieser Beitrag widmet sich einem Problem, das in unserer anwaltlichen Praxis leider häufiger vorkommt als uns lieb ist: Selbst wenn es uns gelingt, einen Schadensersatzanspruch nach einem Behandlungsfehler oder Unfall nachzuweisen, führt dies nicht zwangsläufig dazu, dass der Anspruch auch tatsächlich vom Haftpflichtversicherer anerkannt wird. Oft scheitert die Einigung daran, dass unterschiedliche Auffassungen zur Höhe des Schadensersatzanspruchs bestehen, oder aber der Haftpflichtversicherer bezweifelt grundsätzlich den Schadensersatzanspruch.
Viele aussichtsreiche Klagen werden wegen des finanzielle Risiko nicht geführt
In diesen Fällen ist die Klage bei Gericht die letzte Möglichkeit, den Schadensersatzanspruch durchzusetzen. Ist ein Fall einmal an diesem Punkt angekommen, muss der Prozess gut geplant werden. Neben den zu prüfenden Erfolgsaussichten kommt es auch auf die Finanzierung der gerichtlichen Auseinandersetzung an. Ist der Geschädigte rechtsschutzversichert, stellt die Finanzierung des Rechtsstreites in der Regel keine größeren Probleme dar, da die Rechtsschutzversicherung die Kosten übernimmt. Anders verhält es sich jedoch, wenn keine Rechtsschutzversicherung besteht und der Prozess aus eigenen Mitteln finanziert werden muss. An dieser Stelle werden viele, eigentlich aussichtsreiche Klagen nicht geführt, da Betroffene das finanzielle Risiko scheuen. Zur Verdeutlichung folgendes Beispiel:
A verklagt B auf Schadensersatz. Das Gericht setzte den Streitwert auf 100.000 EUR fest. Sollte A die Klage verlieren, muss er
- seine Kosten
- die Rechtsanwaltskosten von B und
- die gesamten Gerichtskosten inklusive Sachverständigenkosten
selbst tragen. Das Kostenrisiko beträgt in diesem Fall in der ersten Instanz, die gerichtlichen Sachverständigenkosten mit eingerechnet, ca. 15.000 EUR. Muss das Verfahren dann auch noch in der zweiten Instanz fortgesetzt werden, liegt das Prozesskostenrisiko schnell bei über 25.000 €.
Es versteht sich von alleine, dass viele Betroffene dieses finanzielle Risiko scheuen und/oder sich die Kosten eines solchen Verfahrens nicht leisten können, da für sie Prozesskostenhilfe nicht infrage kommt.
Ein Prozesskostenfinanzierer kann helfen
In solchen Fällen ist die Einschaltung eines Prozessfinanzierers eine gute Option. Damit Sie verstehen, was ein Prozessfinanzierer macht, beantwortet Herr Stephan Bensalah von
Omni Bridgeway Prozessfinanzierung einige Fragen zu diesem Thema.
Welche Aufgaben übernimmt ein Prozessfinanzierer und wie unterscheidet er sich von einer Rechtsschutzversicherung?
Mit Hilfe der Prozess(kosten)finanzierung können Kläger, die weder über die notwendigen finanziellen Mittel für einen Gerichtsprozess oder eine Rechtsschutzversicherung verfügen noch Anspruch auf Prozesskostenhilfe haben, zu einem fairen Prozess kommen. Denn die Prozessfinanzierung unterstützt Patienten ohne Rechtschutzversicherung dabei, gegen Ärzte und Gesundheitseinrichtungen gerichtlich vorzugehen und Waffengleichheit herzustellen. Wir tragen dabei alle Kosten, die notwendig sind, um das finanzielle Risiko der Betroffenen zu übernehmen, ohne dass der Kläger eine Versicherungsprämie zahlen muss. Denn Recht darf keine Frage des Geldes sein.
Wann übernimmt denn ein Prozessfinanzierer meinen Fall?
Die Omni Bridgeway Prozessfinanzierung finanziert die gerichtliche Durchsetzung von Ansprüchen für jedermann. D.h. nach Vertragsabschluss übernehmen wir alle Verfahrenskosten einer gerichtlichen oder außergerichtlichen Durchsetzung.
Dazu müssen folgende allgemeine Voraussetzungen erfüllt sein:
- Es bestehen Zahlungs- und Feststellungsansprüche mit einem Gesamtstreitwert von mindestens 100.000 Euro.
- Der mandatierte Anwalt hat den Fall geprüft und stellt eine hohe Erfolgswahrscheinlichkeit für die gerichtliche Durchsetzung fest.
- Wir teilen die Einschätzung des mandatierten Anwalts bezüglich der Erfolgsaussichten. Erfordert es der Fall, holen wir auf eigene Kosten ein qualifiziertes Gutachten ein bzw. lassen wir uns von eigenen fachmedizinischen Beratern bei der Finanzierungsentscheidung unterstützen. Das gibt Ihnen und Ihrem Mandanten eine zusätzliche Einschätzung.
em>Was kostet es, wenn ich Ihre Dienste in Anspruch nehme?
>Dem Mandanten entstehen durch die Inanspruchnahme unseres Dienstes und damit die Prüfung der Finanzierungsvoraussetzungen zunächst keine Kosten.
Wird der Prozess gewonnen, erhalten wir für die Übernahme des Prozesskostenrisikos und die Unterstützung im Laufe des Verfahrens in der Regel 20-30 % aus dem Erlös aus Schmerzensgeld und Schadensersatz. Betroffene, die normalerweise vor den enormen finanziellen Risiken zurückgeschreckt wären, entscheiden sich daher häufig für die Durchführung eines Klageverfahren.
Gibt es außer der Übernahme des Prozesskostenrisikos noch weitere Vorteile?
Wir unterstützen den Mandanten und seinen Anwalt sowohl juristisch mit unserem zusätzlichen Blick auf das gerichtliche Verfahren als auch medizinisch durch unser Sachverständigennetzwerk. Falls erforderlich, stellen wir dem Patientenanwalt in der mündlichen Gerichtsverhandlung einen Facharzt mit hoher Reputation zur Seite, damit auch auf medizinischer Ebene „auf Augenhöhe“ mit den beklagten Ärzten und Gerichtssachverständigen agieren werden kann.
Gibt es ggfs. auch Nachteile? Bzw. Was ist, wenn der Prozess trotz allem verloren wird?
Falls der Prozess verloren geht, übernehmen wir alle Kosten des Gerichtsverfahrens, also sowohl die Gebühren des Patientenanwalts, als auch die Gerichts- und Sachverständigenkosten sowie die gegnerischen Anwaltskosten. Der Mandant kann also die Durchsetzung seiner Ansprüche angehen, ohne sich Sorgen über die hohen Kosten eines verlorenen Gerichtsverfahrens machen zu müssen.
Eine letzte Frage: Sie sind nun, nach dem Zusammenschluss mit IMF Bentham und Omni Bridgeway, Teil des weltweit größten Prozessfinanzierernetzwerks. Ergeben sich für
Patienten, die sich an Sie wenden wollen, aus diesem Zusammenschluss Veränderungen.
Wir legen Wert darauf, dass wir einerseits global vernetzt und damit noch finanzstärker sind, andererseits aber unseren regionalen Bezug pflegen. In der Zusammenarbeit und bei den Bedingungen der Prozessfinanzierung für das Arzthaftungsrecht ergeben sich aus unserer Sicht eher Chancen als Nachteile.
Das Gespräch führte Rechtsanwalt und Partner Sven Wilhelmy