Die ARB 2012 und die freie Anwaltswahl
Bereits in den letzten Jahren versuchten Rechtsschutzversicherungen die freie Anwaltswahl durch diverse Vergünstigungen zu beeinträchtigen. Zuletzt wurden die Allgemeinen Bedingungen für Rechtsschutzversicherungen ARB 2012 entwickelt. Für viele sind sie ein „Wolf im Schafspelz“.
Die Rechtsschutzversicherer haben in den letzten Jahren in verschiedener Weise versucht, Einfluss auf das Mandatsverhältnis zu nehmen. So haben sie zum Beispiel auf die vereinbarte Selbstbeteiligung verzichtet, wenn ihre Versicherungsnehmer einen von der Versicherung empfohlenen Anwalt beauftragt haben, mit dem die Versicherung ein Gebührenabkommen geschlossen hat.
Das OLG Bamberg hat versucht, hier einen Riegel vorzuschieben. In seiner Entscheidung vom 20.06.2012, die mittlerweile jedoch vom BGH aufgehoben wurde, hat es ausgeführt, dass selbst eine mittelbare Beeinträchtigung der freien Anwaltswahl durch nichts gerechtfertigt sei.
Neuerungen in den ARB 2012
Die von der Versicherungswirtschaft erarbeiteten ARB 2012 beinhalten einige Neuerungen. Neuerungen, die bei genauerem Hinsehen gewisse Gefahren bergen.
So muss der Versicherungsnehmer nach diesen Bedingungen den Versicherungsfall nun unverzüglich melden, gegebenenfalls auch telefonisch. So wollen die Versicherer sicherstellen, dass sie von Anfang an in die Entscheidung eingebunden werden, ob ein Anwalt beauftragt wird und wenn Ja, welcher. Problematisch ist, dass bereits diese Meldung zu einem Rechtsschutzfall führt, selbst wenn später keine Leistung erfolgt. In Anbetracht des weiterhin bestehenden Rechts der Versicherer, bei zwei Schadensfällen innerhalb von zwölf Monaten den Versicherungsvertrag zu kündigen, läuft der Versicherungsnehmer Gefahr, seine Rechtsschutzversicherung schnell wieder zu verlieren.
Nach den früheren ARB musste der Versicherungsnehmer kostenauslösende Maßnahmen abstimmen, insbesondere die Erhebung einer Klage oder Einlegung einer Berufung mit dem Rechtsschutzversicherer. Nach den ARB 2012 wird als weiteres Beispiel für kostenauslösende Maßnahmen bereits die Beauftragung eines Rechtsanwalts aufgeführt. Dem Versicherungsnehmer wird so vermittelt, dass er ohne Zustimmung seines Rechtsschutzversicherers überhaupt keinen Anwalt beauftragen darf. Auch diese Neuerung führt zu einem verstärkten Einfluss der Rechtsschutzversicherer bei der Frage, ob überhaupt ein Anwalt beauftragt wird. Denn es steht zu befürchten, dass Rechtsschutzversicherer bereits bei der telefonischen Meldung des Versicherungsfalles und der Anfrage, ob ein Anwalt beauftragt werden darf, ihrem Versicherungsnehmer schon im Vorfeld von der Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe abraten werden, um Kosten einzusparen.
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Noch ein weiteres Problem wird offenkundig, wenn der Versicherungsnehmer selbst die Kostendeckungszusage bei der Rechtsschutzversicherung erbitten muss. Die Anforderungen an die Sachverhaltsschilderung zur Darlegung eines Versicherungsfalles wurden von der Rechtsprechung in der Vergangenheit zwar wesentlich entschärft. Versicherer selbst schrauben die Anforderungen jedoch so hoch, dass ein juristischer Laie sich häufig schon zur Einholung der Deckungszusage anwaltlicher Hilfe bedienen muss – was er wiederum mit der Rechtsschutzversicherung abklären soll.
Man darf gespannt sein, wie viele Rechtsschutzversicherungen diese Musterbedingungen tatsächlich genauso übernehmen. Dem Gebot des Gesetzgebers, dass Versicherungsbedingungen transparent, also für jedermann verständlich sein müssen, dürften die Musterbedingungen allerdings nicht entsprechen.
Diese Problematik betrifft nur Verträge, die aktuell und in der nächsten Zukunft abgeschlossen werden. Für alle bereits laufenden Verträge gelten die vor oder bei Vertragsabschluss vereinbarten Bedingungen.